Der geniale Wiener Komödiendichter Johann Nestroy hat in Form von zeitkritischen Possen die österreichische Biedermeier-Seele durchleuchtet und sich dabei einer Sprache bedient, die ihn unsterblich gemacht hat: Sein sprachwitziges Deutsch ist kein Schiller’sches Hochdeutsch, sondern ein Volkshochdeutsch, ein erobertes, gestohlenes Hochdeutsch.
Lustobjekt Im Akademietheater hatte gestern seine Meisterposse Der Talisman Premiere, in der Nestroy selbst bei der Uraufführung 1840 im Theater an der Wien den rothaarigen Barbiergesellen Titus Feuerfuchs spielte. Titus leidet unter seinen roten Haaren. Und auch seine Leidensgenossin, die rotschöpfige Gänsehirtin Salome Pockerl, wird verspottet. Als Titus einem reisenden Friseur das Leben rettet, schenkt ihm dieser eine schwarze Perücke als Talisman. Mit neuer Haarfarbe wird er zum Lustobjekt konkurrierender Witwen und macht Karriere.
Underdog Der junge deutsche Regisseur David Bösch hat das weltliterarische Meisterwerk witzig in Szene gesetzt und setzt dabei auf große Nestroy-Spieler: Der von Theater heute zum „Underdog-Spezialisten“ gekürte Johannes Krisch brilliert als Chamäleon-artiger Titus mit wechselnden Haarfarben und Identitäten.
In der Rolle seiner Außenseiter-Traumpartnerin Salome Pockerl ist Sarah Viktoria Frick zu erleben. Wie die zweifache Nestroy-Preisträgerin dieses hässliche Entlein zwischen Lachen und Weinen spielt und wie sie Krisch anschaut, ist eine Klasse für sich. Daneben sind Großmeisterinnen wie Kirsten Dene, Maria Happel und Regina Fritsch aufgeboten. Ein Theaterfest!
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