Ausnahmezustand im Burgtheater: Seit Montag war Österreichs Nationaltheater für die Öffentlichkeit geschlossen. Vorstellungen gab es keine, denn hinter versperrten Türen probte Christoph Schlingensief seine Voodoo-Oper Mea Culpa. Erst Mittwochabend wurde die Foto-Presse bis zum Zuschauerraum vorgelassen. Doch die Türen blieben zu. „Schlingensief fühlte sich gestört, und wir wurden in die Kantine geschickt“, erzählte uns ein Fotograf. Nach geduldigem, zweieinhalbstündigem Warten mussten die Fotoreporter unverrichteter Dinge abziehen: „Man sagte uns, heute geht gar nichts mehr! Herr Schlingensief will alles wieder umbauen.“
Rauschhaft
Heute Abend ist Mea Culpa-Premiere. Und das gesamte
deutsche Feuilleton reist an. Was genau man da erleben wird, ist bei dem
„work in progress“ nicht genau zu sagen. Schlingensief versprach jedenfalls
„Dionysisches“, also Rauschhaftes: „Es wird ein Spiel der Entgrenzungen
zwischen Ayurveda-Technologie und magisch-sexuellen Voodoo-Riten,
ausgetragen auf dem Rücken von Richard Wagner, Friedrich Nietzsche, Arnold
Schönberg, J. W. Goethe und Thomas Mann.“
Krebspatient
Dass Mea Culpa überhaupt stattfinden kann, war nie
ganz sicher. Denn im Vorjahr wurde beim Nichtraucher Schlingensief
Lungenkrebs diagnostiziert. Der 48-Jährige wurde operiert. Im Dezember wurde
er mit der Diagnose Metastasen konfrontiert.„Man muss Krebskranken Mut
machen, das Zimmer zu verlassen, sich nicht in diese klinische Welt
einzusperren“, sagte der Künstler. „Man braucht Selbstbewusstsein, man will
wieder gerne gesehen werden.“
Foto:(c)Reuters