Das geht unter die Haut

"Die präparierte Welt" im NHM

14.04.2015

Naturhistorisches Museum zeigt die Entwicklung der Profession.

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© NHM Wien, Kurt Kracher
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Sie ziehen anderen professionell das Fell über die Ohren und haben dafür noch nicht einmal schlechte Nachrede: Die Präparatoren. Das Naturhistorische Museum (NHM) Wien widmet der für die Institution überlebensnotwendigen Berufsgruppe nun eine eigene Schau unter dem Titel "Die präparierte Welt". Historisch ist der Bogen, den man dabei bis 4. Oktober spannt.

So widmet sich die Ausstellung der technischen Entwicklung vom Ausstopfen mit Stroh bis zur heutigen Hochtechnologie. Schließlich kann von "Ausstopfen" wie zur Hochzeit der Jagdtrophäeneuphorie im 19. Jahrhundert nicht mehr die Rede sein. Mit neuen Techniken wie PU-Schaum und Epoxidharzen, Vakuum oder Airbrush versuchen die Präparatoren heute, möglichst viel vom Original zu erhalten oder Originalgetreues zu schaffen.

Hinter den Kulissen
Den Besuchern wird beim Blick hinter die Kulissen diese Genese anhand von Materialien und Methoden nähergebracht. Schließlich reicht das Arsenal der NHM-Profis von der Mazerationsanlage zur Vorbereitung von Skeletten über eine Knochenentfettungsanlage bis zur Speckkäferzucht, mit deren Hilfe kleine Wirbeltiere skelettiert werden, wie in der Schau in Echtzeit dokumentiert wird. Ebenso variantenreich erscheint das Spektrum möglicher Präparate, das vom einfachen Alkoholpräparat, das ob des geringen Schauwertes eher wissenschaftlichen Zwecken dient, über das Skelett bis zum Balg reicht, bei dem die abgezogene und gegerbte Haut eines Tieres als Ausgangspunkt dient. Königsdisziplin ist allerdings die Dermoplastik, bei denen der Balg mit Kunststoffkörpern kombiniert wird.

Und der neueste Umbruch hin zum 3D-Drucker zeichne sich bereits am Horizont ab, auch wenn die Technik derzeit noch zu viel Zeit in Anspruch nehme, unterstrich Robert Illek als Leiter der Zoologischen Hauptpräparation vor Journalisten. Dann würden sich die Objekte mithilfe von Computerdaten gleichsam selbst erschaffen. "Wenn ich in 20 Jahren in Rente gehe, bin ich überzeugt davon, dass wir hier 3D-Drucker stehen haben", zeigte sich Illek bei einer Pressekonferenz am Dienstag überzeugt. Rund 20 Präparatoren aller Disziplinen arbeiten im NHM.

Österreich & die Präparation
Schließlich spielte Österreich auch in der Geschichte der Präparation eine große Rolle. Aus der Tradition der Wiener Schule sticht nicht zuletzt der Anatom und Präparator Josef Hyrtl (1810-1894) heraus, der neue Verfahren erfand und dessen Werke auch in der aktuellen Schau zu bestaunen sind. Dennoch habe sich das Berufsbild verändert. Schließlich sei das Staunen über exotische Tiere und Pflanzen heutzutage Geschichte, unterstrich NHM-Generaldirektor Christian Köberl am Dienstag: "Heute ist der Blick ein kritischer."

Dabei offenbart "Die präparierte Welt" auch den jeweiligen Zeitgeist, wenn etwa Raubtiere nicht mehr als wilde Bestien, sondern zunehmend in der natürlichen Bewegung gestaltet werden. Auch beim Modellbau als kleiner Schwester der Präparation wird dies deutlich, wenn etwa Exponate ausgestorbener Arten wie des Dodos heute in der Schau einen prominenten Platz haben, nachdem sie einst vom Menschen ausgerottet wurden.

Parallelschau
Diesem finalen Schicksal entgingen nur knapp die Bisons, denen eine Parallelschau unter dem Titel "Buffalo Ballad" gewidmet ist, die ebenfalls bis 4. Oktober zu sehen ist. In der Ausstellung der beiden Fotografen Heidi und Hans-Jürgen Koch sind Bilder aus dem Bisonland vereint. In edlen Schwarz-Weiß-Aufnahmen machen sich die beiden auf die Suche nach diesem uramerikanischen Mythos, der schließlich an den Rand der Ausrottung gebracht wurde und heute in Naturschutzprojekten wieder angesiedelt wird. Dennoch sind die frei lebenden Bisons heute aus 99 Prozent ihres ursprünglichen Verbreitungsgebietes verschwunden. "Es handelte sich um das größte Schlachten, das je in der Menschheitsgeschichte an wilden Tieren verübt wurde", konstatierte Hans-Jürgen Koch. Schließlich sei der Bestand an wilden Bisons innerhalb von 30 Jahren von zumindest 30 Millionen auf 23 Stück reduziert worden.

Flankiert wird die Präparateschau traditionell von einem umfangreichen Begleitpaket. So gibt es spezielle Kinderprogramme, Führungen zu nicht öffentlichen Arbeits- und Sammlungsräumen oder Themenführungen mit den Präparatoren. Außerdem richtet das NHM von 21. bis 24. April auch die 53. Jahrestagung des Verbandes deutscher Präparatoren aus, wozu 200 Fachbesucher erwartet werden.

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