Oper

"Don Carlos" sorgt für Tumulte

23.04.2012

Die radikale Inszenierung wird wieder an der Wr. Staatsoper. aufgeführt

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© Wiener Staatsoper
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Nach dem Fallen des Vorhangs gehen dröhnende Buh- und Bravosalven auf ihn nieder. Peter Konwitsch­ny, der Regie-König des deutschen Musiktheaters, verbeugt sich – und lächelt.

Es ist der 18. Oktober 2004 in der Wiener Staatsoper. Soeben ist eine phänomenale Vorstellung von Verdis Don Carlos über die Bühne gegangen. Fünf Stunden grandioses Musikdrama; Verdis französische Erstfassung der Vertonung von Schillers Politthriller und Familiendrama in der verstörenden Sicht eines Bühnenvisionärs.

Nach seiner spektakulären Deutung von Janáčeks letzter Oper Aus einem Totenhaus als Mafia-Party 2011 nimmt Konwitschny seinen exzeptionellen Don Carlos ab heute mit neuer Besetzung wieder auf.

Konwitschny: „Ich will nicht provozieren“
„Don Carlos ist ein fantastisches Stück, was den Zusammenhang von persönlicher und poli­tischer Existenz betrifft“, sagt Konwitschny, der von traditionsverliebten Zuschauern als der Gottseibeiuns der Oper gefürchtet wird. „Es ist nicht nur großes politisches Theater, sondern zeigt auch, wie sich Machtpolitik auswirkt im Leben des Einzelnen. Die Menschen sind in Not, die Könige weinen, die Mächtigen haben kein Glück. Der Titelheld hat mit Macht nicht viel zu tun; er liebt Elisabeth, die ihm von seinem Vater, dem König, weggenommen wird; daran geht er zugrunde.“

Tumulte
Zwei Szenen sorgten 2004 für tumultuöse Wortgefechte im Publikum: In „Ebolis Traum“ bereitet die schwangere Prinzessin für den Infanten ein Gansl-Essen in ihrem Wohnzimmer: eine Fantasie vom kleinbürgerlichen Glück der Mätresse zu Verdis süßlicher Musik als Slapsticknummer.

Und: Beim Autodafé-Finale, wo die spanischen Granden sich hochleben lassen und die Ketzer auf dem Scheiterhaufen verbrannt werden, geht das Licht im Zuschauerraum an. Das Publikum begibt sich in die Pausenräume, während die Abtrünnigen von Security-Leuten durchs Haus geprügelt werden. Konwitschny: „Ich will nicht provozieren, ich versuche immer, die Thematik eines Stückes an uns heranzuholen.“

Pläne
Nächstes Jahr bringt er im Theater an der Wien Verdis Attila heraus, 2014 wird hier seine Grazer Traviata-Inszenierung zu begutachten sein. Mit der Wiener Staatsoper steht er in hoffentlich fruchtbaren Verhandlungen.

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