Löbl-Kritik
Dvoráks „Rusalka" als letzte Opernpremiere
18.08.2008
Ein Buhorkan für die Regie, Jubel für die Sänger: Dvoráks „Rusalka“ als letzte Opernpremiere in Salzburg.
Auf der Bühne ein dichter Wald. Düster, geheimnisvoll. Hier könnte, gäbe es auch einen Teich, recht gut der erste und dritte Akt von Rusalka stattfinden. Doch in Salzburg spielt man in dieser Dekoration Don Giovanni. Für Rusalka wurde im selben Haus die ganze Bühne wie eine riesige Sauna mit Holz ausgekleidet. Inmitten eine Mauer und davor unterschiedliche Spielflächen: Ein Warteraum, ein bürgerlicher Salon, ein Bordell. Keine Natur, keine Atmosphäre, keine Lichtstimmung. Auf die Mauer werden immerhin Fische, Wellen, Wasserpflanzen projiziert. Video statt Bühnenimagination, wie heute üblich.
Ambiente
In diesem kläglichen Ambiente (Barbara Ehnes) wird vom
Regiedoppel (Jossi Wieler und Sergio Morabito) krass antimusikalisch
inszeniert. Die Aktionen wenden sich gegen Antonin Dvoráks Komposition und
den Text dieses lyrischen Märchens. Die Sehnsucht einer Wassernixe nach
menschlicher Liebe und die Vergeblichkeit ihrer Hingabe werden plump,
geheimnislos in eine fiktive Welt von heute versetzt. In ihr verwandeln sich
Hexen in Puffmütter, Wassermänner in Rausschmeißer, Waldnymphen in
gelangweilte Prostituierte. Eine Hochzeitsgesellschaft betreibt Mobbing im
Zeichen des Kreuzes, und wenn zuletzt der Protagonist stirbt, wird er in den
Gully geschmissen, vermutlich als Futter für die Fische. Verständlich, dass
über das Team der szenischen Realisatoren zuletzt ein Buhorkan hereinbricht,
wie ich es in diesem Sommer unseres häufigen optischen Missvergnügens noch
nicht erlebt habe.
Jubel
Jubel, Bravi, Ovationen hingegen für die durchwegs
hervorragenden Sänger, vor allem für Camilla Nylund und Piotr Beczala, die
als Rusalka und Prinz akustisch all das glaubhaft machen, was sie uns dank
der Regie optisch schuldig bleiben müssen. Aber auch bei Emily Magee, Birgit
Remmert, Alan Held und allen Episodisten merkt man, wie sorgfältig Franz
Welser-Möst mit ihnen die musikalische Interpretation erarbeitet hat. Auch
mit dem Cleveland Orchestra, das mit feinsten Klangfarben und dynamischen
Nuancen, mit Präzision und herrlichen Instrumentalsoli jene Geschichte
erzählt, die wir auf der Bühne nicht sehen. Dass Welser-Möst sich diese
visuelle Ignoranz gefallen lässt, ist unverständlich.