Premiere

"Endstation Sehnsucht" mit Ofczarek

19.01.2012

Dieter Giesing inszeniert 50er Jahre-Klassiker mit Nicholas Ofczarek als Stanley.

Zur Vollversion des Artikels
© APA/BARBARA GINDL
Zur Vollversion des Artikels

Ein wahrer 50er Jahre Klassiker feiert dieser Tag am Wiener Burgtheater Premiere. Marlon Brando ist nicht so schnell aus dem Kopf zu bekommen. Der damals 27-jährige Schauspieler prägte 1951 in Elia Kazans Verfilmung von "Endstation Sehnsucht" durch seine enorme physische Präsenz das Bild jenes Stanley Kowalski, der im Südstaaten-Drama von Tennessee Williams zwischen den Schwestern Stella und Blanche steht, für Generationen. Dieses Bild möchte Dieter Giesing in seiner Inszenierung, die am 28. Jänner am Burgtheater Premiere hat, korrigieren: "Stanley ist kein Bulle. Er ist Verkäufer. Er ist Vertreter, Elektrogeräte oder so."

"Endstation Sehnsucht" mit Top-Besetzung
 Am Burgtheater spielt Nicholas Ofczarek den Stanley. "Ofczarek hat viele Ecken. Er ist ein höchst sensibler und intelligenter Schauspieler - das totale Gegenteil von einem dumpfen Kraftmeier", schwärmt Giesing, der den Darsteller auch als überaus heutig wirkender Minister Flint in seiner gefeierten "Professor Bernhardi"-Inszenierung eingesetzt hatte. "Ich glaube, dass uns da etwas besonderes gelungen ist", sagt der 77-jährige deutsche Regisseur im APA-Gespräch, der seit vielen Jahren regelmäßig in Wien arbeitet. "Besonders glücklich bin ich darüber, dass das Stück allgemein als ein heutiges rezipiert wurde."

Fokus auf Lebensstrategien
Das Hauptinteresse gilt bei Giesings Inszenierung dem Aufeinanderprallen unterschiedlicher Lebensstrategien. "Wenn du in dieser Wettbewerbs-Welt die Nase vorn behalten willst, musst du an dein Glück glauben", zitiert Giesing Stanleys Credo, das ideal in die heutige kapitalistische Ellbogengesellschaft zu passen scheint. "Stanley ist ein Tier", verweist dagegen Missbach auf Blanches Sichtweise des Schwagers. "Die eine der beiden Frauen versucht, es zu zähmen, die andere wird von ihm gefressen." Dörte Lyssewski spielt die Blanche, Katharina Lorenz die Stella. Gemeinsam mit Ofczarek bilden sie jenes hochkarätige Schauspieler-Trio, mit dem Giesing für die Inszenierung gewonnen wurde.

Drama um Aufstieg und Außenseitertum
Doch auch das Drama um Aufstieg und Außenseitertum ist aktuell: "In jeder Gesellschaft gibt es einen Dünkel und eine Verachtung gegenüber anderen. Ich denke, Polen werden hier in Wien immer noch schlecht behandelt", sagt Giesing. Und Missbach: "Was passiert, wenn ich einmal viel besessen habe und dann plötzlich nicht mehr viel habe - darüber denken ja gerade viele Menschen nach." Sieht er in der heutigen Situation eine neue Politisierung des Theaters? "Man ist am Theater ja immer nur das Spiegelbild der Gesellschaft. Es ist noch nicht schlimm genug, um politisches Theater im klassischen Sinn zu machen. Noch spüren wir die Krise nicht wirklich. Noch."

Info
"Endstation Sehnsucht" von Tennessee Williams, Regie: Dieter Giesing, Bühne: Karl-Ernst Herrmann, Kostüme: Fred Fenner, Musik: Jörg Gollasch; Mit Dörte Lyssewski - Blanche, Katharina Lorenz - Stella, Nicholas Ofczarek - Stanley, Dietmar König - Mitch, Petra Morze - Eunice, Juergen Maurer - Steve, Marcus Kiepe - Pablo, Rudolf Melichar - Ein Arzt, Dunja Sowinetz - Eine Krankenschwester, Daniel Sträßer - Ein junger Kassierer. Die Burgtheater Premierefindet am 28.1 um 19.30 Uhr statt. Die nächsten Vorstellungen gehen am 2., 4., 6., 12., 13. und 24.2 über die Bühne. Karten sind telefonisch unter 01 / 513 1 513 bestellbar oder online unter www.burgtheater.at.








 
Zur Vollversion des Artikels
Weitere Artikel