Dass Männer den Kunstbetrieb dominieren, ist nichts Neues, dass es nackte Männer sind, hingegen schon: Im Wiener Leopold Museum reüssiert man derzeit mit der Ausstellung "Nackte Männer", im Linzer Lentos ist "Der nackte Mann" zu bewundern und in der Albertina eröffnet am 11. Dezember Erwin Wurms neue Ausstellung "De Profundis" (bis 17. Februar), für die der Künstler männliche Freunde im Adamskostüm ablichtete und die Arbeiten anschließend übermalte.
Fotograhien als Basis Als Ausgangspunkt diente dem gebürtigen Steirer die Männerpose in der Kunst des Mittelalters und der Renaissance. Als zweiter Schritt standen Tintenzeichnungen seiner selbst, die Wurm als Ausgangspunkt für seine darauffolgenden Fotoarbeiten nahm. Er gab den Freunden - allesamt selbst in der einen oder anderen Form aus dem Kunstbetrieb stammend - eine Pose vor. So präsentieren sich die Abgelichteten in statuenhafter Haltung, stets ernst, jedoch nie auf den Betrachter blickend, meist in Innenräumen stehend, nur selten in der Natur.
Nackte Männer im Großformat Die teils großformatigen Arbeiten wurden von Wurm hernach mit Acrylfarbe bearbeitet. Mal dient die Farbe als verwaschenes Kleid, mal wird eine neue Nase aufgemalt, bisweilen wird der Porträtierte anonymisiert. Hier und da blitzt das eine oder andere Skrotum hervor, dort ist ein Gesicht zu erkennen, dort alles auf den barocken Bauch fokussiert. Der Bildhauer Wurm bleibt dabei auch in der fast skulpturalen Strichführung erkennbar: "Ich war überrascht, dass man mit dem Pinsel fast bildhauerisch umgehen kann. Die Werknamen bestehen lediglich aus den Vornamen der Porträtierten. Auch wenn in den meisten Fällen relativ schnell klar ist, um welchen Cajetan, Hermann oder Franz W. es sich auf den Bildern handelt, widersteht die Kollektion aus rund 90 Arbeiten der Tendenz, zum Suchbild zu werden. Im Zuge der Werkgenese sind die Arbeiten zugleich als verklausulierte Selbstbildnisse Wurms zu lesen, als Auseinandersetzung mit dem eigenen Körper, der eigenen Männlichkeit.
Keine angenehme Ausstellung "Das ist keine angenehme Ausstellung", stellte Albertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder bei der Presseführung fest. Die porträtierten Künstler, Sammler und Galeristen befänden sich allesamt jenseits der Lebensmitte: "Das spricht völlig Hohn dem, was in unserer Zeit als Schönheitsideal gilt." Dementsprechend stehe es auch um die gezeigten Körper. "Statt einer Überlegenheit des Alters im Sinne von Vergeistigung, einem Zuwachs an Tugend und innerer Schönheit, zeigen die entblößten Künstlerkörper genau das, was uns am Alter ängstigt: Einsamkeit, Verfall und Hässlichkeit."
Schonungslose Selbstentblößung "Da ist (...) die schonungslose Selbstentblößung, welche die ehemaligen Werkzeuge der Lust so ausstellt, dass sie niemanden mehr zu beeindrucken vermögen", umschreibt Schröder im Katalog zur Ausstellung den gezeigten Körper: "Ausgestellt, nicht wie Gott den Menschen nach seinem Ebenbild schuf, sondern wie der durch sein Leben wurde. Schön ist das nicht." Männlicher Körper im Vordergrund Weniger abgestoßen von seinem Werk zeigte sich Wurm selbst bei der Präsentation am Dienstag: "Für mich geht es um den männlichen Körper. Ich bin mir hier vorgekommen wie auf einer Beerdigung. Aber ich bin kein Begräbniskünstler. Das hat nichts mit Verfall zu tun." Für ihn stehe ein erweiterter Skulpturenbegriff im Fokus. So könne er sich durchaus vorstellen, den eingeschlagenen Weg weiterzugehen und von der Bildwand die Serie auch im Skulpturalen voranzutreiben.
Info Alle Informationen zur "De Profundis" - Ausstellung von Erwin Wurm erhalten Sie unter www.albertina.at.
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