Deutscher Buchpreis
Favoritin Julia Franck gewinnt
08.10.2007
Der Deutsche Buchpreis 2007 geht an Julia Franck für ihren Roman "Die Mittagsfrau".
Das wurde bei der feierlichen Preisverleihung im Kaisersaal des Frankfurter Römer bekannt gegeben. Die 37-jährige deutsche Autorin Julia Franck ist die dritte Preisträgerin des deutschen Buchpreises. Für ihren berührenden, bei S. Fischer erschienenen Familien- und Zeitroman "Die Mittagsfrau" rund um eine Mutter, die sich im Chaos des Kriegsendes 1945 plötzlich dazu entschließt, ihren kleinen Sohn zu verlassen, erhielt sie die mit 25.000 Euro dotierte Auszeichnung zuerkannt.
Gewinnerin "überrascht"
Sie sei "schon
überrascht", sagte die 1970 in Ost-Berlin geborene Autorin Julia
Franck bei der Entgegennahme des Deutschen Buchpreises, denn bei der Lektüre
anderer Titel der Shortlist sei sie zur Überzeugung gelangt, auch diese
hätten die Auszeichnung verdient. Für Franck, die Altamerikanistik,
Philosophie und Germanistik an der FU Berlin studierte, ist der Buchpreis
durchaus nicht die erste Würdigung ihres Werks, zu dem u.a. die Bücher "Liebediener",
"Bauchlandung", "Geschichten zum Anfassen" und "Lagerfeuer"
gehören. So erhielt sie etwa den Marie-Luise-Kaschnitz-Preis (2004) und die
Roswitha-Medaille der Stadt Gandersheim (2005). Die dortige Jury hatte
Franck als "eine der bedeutendsten Chronistinnen der deutschen Gegenwart"
gewürdigt.
Familiengeschichte als Ausgangspunkt
In "Die Mittagsfrau"
hat sich die 37-jährige Autorin eine prägende Episode ihrer
Familiengeschichte zum Ausgangspunkt genommen: Sie schildert das Leben einer
jüdischen jungen Frau, Helene, die sich im Chaos nach Kriegsende 1945 auf
einem Bahnhof plötzlich dazu entschließt, ihr bisheriges Leben über Bord zu
werfen und ihren knapp 8-jährigen Sohn zu verlassen - ganz ähnlich, wie es
Francks eigenem Vater ergangen war. Mit großer Einfühlsamkeit versucht die
Autorin, die Gründe für diese ungeheuerlich wirkende Entscheidung zu
erkunden. "Ich wollte aber nicht erklären, warum sie ihr Kind
zurücklässt, Helene nicht verurteilen oder rechtfertigen",
sagte Julia Franck in einem Interview mit der "NZZ", "sondern
von den Erfahrungen erzählen, die sie erlöschen lassen."
Zwei Österreicher nominiert
Auf der Shortlist hatten sich
neben Julia Franck, Katja Lange-Müller ("Böse Schafe"),
Thomas von Steinaecker ("Wallner beginnt zu fliegen") und Martin
Mosebach ("Der Mond und das Mädchen") auch die beiden
Österreicher Thomas Glavinic ("Das bin doch ich") und Michael
Köhlmeier ("Abendland") befunden. Insgesamt hatte die Jury,
der auch der österreichische Autor und Herausgeber Karl-Markus Gauß
angehörte, 117 Titel geprüft, die zwischen dem 1. Oktober 2006 und dem 12.
September 2007 erschienen sind.
Vom Booker Prize inspiriert
Der Deutsche Buchpreis wurde vor
zwei Jahren nach dem britischen Booker Prize und dem französischen Prix
Goncourt vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels geschaffen. Damit wird
am Vorabend der Frankfurter Buchmesse der beste deutschsprachige Roman des
Jahres ausgezeichnet. Erster Preisträger war 2005 der Vorarlberger Arno
Geiger ("Es geht uns gut"), im Vorjahr gewann die Deutsche
Katharina Hacker ("Die Habenichtse").