Der österreichische Säulenheilige Hans Moser (1880 - 1964) ist im neuen Franzobel-Stück der Titelheld. Thema ist seine Rolle im 3. Reich.
Das Thema provoziert bereits im Vorfeld der Premiere Kontroversen: Hans Moser und das Dritte Reich. War der begnadete Volksschauspieler, Nuschler und Grantler – der „Dienstmann der Nation“ – ein Nazi-Anpassler? Der oberösterreichische Dramatiker Franzobel schrieb darüber ein Stück, das am Donnerstag im Wiener Theater in der Josefstadt uraufgeführt wird.
Moser spielt in einem Theaterhimmel, dessen Direktor aber kein lieber Gott ist, sondern Adolf Hitler. Dieser unterzieht Moser einer strengen Schauspielprüfung, in deren Verlauf er den Prüfling mit jenem Gnadengesuch konfrontiert, das Moser am 24. Oktober 1938 an „meinen Führer“ geschrieben hat. Hitler unterstellt Moser „Kriecherei“. Ein schlimmer Zynismus, da Moser in diesem Brief „inständigst“ um Gnade für seine jüdische Ehefrau Blanca flehte – letztlich ergebnislos.
Wir baten Erwin Steinhauer, der Moser im Franzobel-Stück verkörpert, um seine Einschätzung.
Erwin Steinhauer: "Moser war zutiefst unglücklich"
ÖSTERREICH: Was war Hans Moser? Anpassler, Regimegewinnler,
Heiliger?
Erwin Steinhauer: Er war alles von dem und nichts
von dem. Er war wie wir. Auch wir gehen einerseits den Weg des geringsten
Widerstandes und haben andererseits Momente, in denen wir den inneren
Schweinehund bekämpfen und Haltung bewahren.
ÖSTERREICH: Wie Paula Wessely war er ein „Clown“ des
Regimes...
Steinhauer: Da gibt es aber einen graduellen
Unterschied zwischen Wessely und Moser! Natürlich hat auch er sich gegenüber
dem Regime „richtig“ verhalten, um sechs Kinofilme pro Jahr drehen zu
können, was sehr viel war, und gutes Geld zu verdienen. Aber er hat – anders
als die Wessely – in keinem Film wie Heimkehr mitgespielt ... Schauspieler
sind zu jeder Zeit die Kasperln am Ende der Tafel.
ÖSTERREICH: Trotz seines immensen Erfolgs war Moser notorisch
grantig. Weshalb?
Steinhauer: Der Moser hatte Familie. Und er
hat seine Familie verloren – die Tochter ist nach Übersee emigriert, die
Frau nach Budapest. Dort hat er sie regelmäßig mit dem Schiff besucht. Dass
der sein ganzes Leben „zwider“ war und ein Grantler, ist mir vollkommen
verständlich. Der Mann war zutiefst unglücklich! Ich hab’ eher Verständnis
für ihn.
ÖSTERREICH: War er ein typischer Österreicher?
Steinhauer:
Das ist so ähnlich wie beim Herrn Karl: Diese Charakterzüge sind global
verbreitet. Menschen, die versuchen, sich’s zu richten, gibt es fraglos auf
der ganzen Welt. Die Helden sind nicht so dicht gesät.
ÖSTERREICH: Mosers deutscher Kollege Heinz Rühmann hatte auch
eine jüdische Frau – der ließ sich aber scheiden...
Steinhauer:
Stimmt. Das hat der Moser nicht getan! Ich selbst hatte einen Großvater, der
bei der Wiener Berufsfeuerwehr war, und auch der hat sich nicht von seiner
jüdischen Frau scheiden lassen. Das traurige Resultat war, dass er 1938 von
den Nazis rausgeschmissen wurde ... Also, es hat schon auch solche Menschen
gegeben. Nicht nur die Rühmanns.