Literatur-Tipp!
Friedinger: Bestseller mit Hindernissen
21.02.2018
Stefan Kutzenbergers "Friedinger" ist ein starkes Debüt mit vielen Facetten.
Der Roman beginnt mit einer sexuellen Phantasie, die dazu führt, dass der Protagonist, Kutzenberger, feststellt, wie glücklich er mit seinem Leben mit Frau und Kindern sein sollte. Er ist es nicht vollends, denn der Traum vom Schriftstellerdasein samt Erfolg und Ruhm in Hollywood hat sich nicht erfüllt. Eben jenes Privatleben ist ihm dazwischen gekommen, dazu die Arbeit als Komparatistik-Lehrender und wissenschaftlich-Schreibender. Das Verlangen danach sehr wohl spürend, schenkt ihm seine Frau eine Reise nach Kreta. Sie wird zuerst zur Odyssee nach dem zu beschreibenden Blatt, bis Kutzenberger auf Friedinger und die Französin Clelia trifft. Ab da versucht er nicht einmal mehr zu schreiben, unterhält sich lieber des Nächstens mit dem pensionierten Einzelgänger Friedinger und lauscht bei Bier am Strand dessen Geschichte, die Anfangs belanglos, schließlich immer spannender wird und einen mysteriösen Mord am Parkplatz der Vöest beinhaltet... Untertags kommt es zu bei einem Badeausflug zu Spannungen zwischen ihm und der schönen Clelia...
Dichtung und Wahrheit
Stefan Kutzenberger hat für sein literarisches Debüt einen Inhalt gewählt, in dem er selbst vorkommt - oder ein Mann mit gleichem Namen. Damit spielt er in geschickter Weise immer wieder mit jener Autoren gar oft gestellten Frage, wie autobiografisch der von ihnen verfasste Text denn sei. Kutzenberger sagt darüber auf der Homepage seines Verlages: "Interessanterweise fühlen sich dabei die pseudo-autobiografischen Teile am fremdesten an, die reine Fiktion am vertrautesten. Aber das ist wohl eines der Geheimnisse der Literatur." Interessant sind die sanft eingewobenen Stellen wo es um Literaten wie Borges, Dylan oder Knausgard geht. Als Leser bekommen wir so nicht nur einen spannenden Roman, eine Erzählung über einen scheiternden Schriftsteller sondern auch informative Fußnoten geliefert. Was den scheiternden Schriftsteller angeht - das stetige Mitleiden ist ein Genuss, denn Kutzenberger stellt immer wieder mit Leichtigkeit fest, wie es denn dazu gekommen ist, dass er niemals die Romane über seine Großeltern oder den Fall Amstatten geschrieben hat. Gerade hat man den Romanantihelden Kutzenberger lieb gewonnen, da ist das Buch schon wieder aus... Wie gut, dass der reale Schriftsteller Kutzenberger bald mit weiteren Geschichten nachlegen will... (Judith Leopold)
Stefan Kutzenberger: "Friedinger", Deuticke Verlag, 254 Seiten, 22,70 Euro.