Einsparungs-Maßnahme

Generali Foundation muss übersiedeln

23.01.2014

Retrospektive Ulrike Grossarth voraussichtlich vorletzte Ausstellung in Wien.

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© Stephan Wyckoff
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Spätestens ab Ende 2015 sind die Räume der Generali Foundation in Wien-Wieden zu vermieten - am besten an eine Kunst-Institution. "Man kann hier tolle Ausstellungen machen", warb Foundation-Präsident Dietrich Karner am 23. Jänner bei einer Pressekonferenz - um gleichzeitig wortreich zu erläutern, warum die 1988 gegründete Sammlung in den kommenden Monaten ans Salzburger Museum der Moderne (MdM) wandert.

Umzug nach Salzburg fix
Eigentlich war die Pressekonferenz der bisher umfangreichsten Retrospektive der 1952 in Oberhausen geborenen deutschen Künstlerin Ulrike Grossarth gewidmet, die heute Abend eröffnet wird. Dann kam "die Bombe von Freitag" (Grossarth) und versetzte die Foundation "in eine Art von Ausnahmezustand", wie Direktorin Sabine Folie erklärte. Die bis 29. Juni angesetzte Ausstellung "Wäre ich von Stoff, ich würde mich färben" wird wohl die vorletzte am Wiener Standort sein, die von 19. September bis 1. Februar 2015 laufende Schau "Textiles: Open Letter" die Abschluss-Schau. Folie und ihr Team erfuhren erst am Freitag davon. Nach öffentlicher Bekanntgabe der Übersiedlungspläne in Salzburg.

Langfristige Sicherung der Sammlung hat Priorität
"Ich entschuldige mich dafür, das ist nicht meine normale Kommunikationsweise", sagte Karner. Die Gespräche, die mit der neuen MdM-Leiterin Sabine Breitwieser, Gründungsdirektorin der Generali Foundation und 1988-2007 deren Chefin, seit September geführt worden seien und knapp vor Weihnachten die Salzburger Politik miteinbezogen hätten, seien unter strikter Geheimhaltung erfolgt, um das Projekt nicht zu gefährden. Druck, eine langfristige Sicherung der Sammlung herbeizuführen, sei nicht von der Konzernmuttern der Generali Group, sondern von ihm selbst erfolgt, der am 31. Jänner 75 Jahre alt werde. "Ich möchte dieses Baby in sichere Hände geben. In Wien war dafür aus meiner Sicht keine Möglichkeit gegeben."

Mehr Platz wartet in der Mozart-Stadt
In Salzburg habe sich "eine historische Gelegenheit" geboten, durch die auf 25 Jahre geschlossene Verbindung könne man die Sammlung nicht nur auf deutlich mehr Fläche als bisher präsentieren (laut Karner ist ein Stockwerk des MdM für Ausstellungen von oder in Verbindung mit der Foundation vorgesehen), sondern damit auch deutlich mehr Besucher erreichen. Bisher habe man jährlich rund 20.000 Besucher gehabt, am Salzburger Mönchsberg dagegen seien es mehr als 150.000 (126.634 hatte das Museum im Jahr 2012 gezählt, Anm.). "Das ist ja auch im Interesse der Künstler."

Übersiedelung geht ins Geld
Für die Infrastruktur, also die Räumlichkeiten für Ausstellungen, Archiv und Bibliothek (Karner kann sich dafür das adaptierte Rupertinum vorstellen) und das in Wien mit 2.100 Werken von 250 Künstlern aus allen Nähten platzende und in Salzburg erst zu bauende Depot muss das MdM sorgen. Die Generali Foundation werde das bisherige Wiener Ankaufs- und Ausstellungsbudget zur Verfügung stellen und drei Personalposten (je eine Kuratoren-, Sammlungsbetreuungs- und Restauratorenstelle) bezahlen - um neun Posten weniger als am Wiener Standort. "Natürlich ist es eine Einsparung", bekannte Karner auf hartnäckiges Nachfragen schließlich. Dass man bei den Übersiedlungskosten "in die Tasche greifen" müsse, sei jedoch klar.

Locationwechsel soll bis 2015 abgeschlossen sein
"Das ist keine Weglegung. Ich sage das ganz deutlich: Wir wollen das weiterbetreiben", betonte Karner, der sich sogar eine Weiterführung des im Eigentum der Generali befindlichen Wiener Standorts vorstellen kann - aber nur als Dependance der Salzburger Institution. "Das ist dann ihre Sache", spielte Karner den Ball Richtung Breitwieser weiter. Er wünsche sich sehr, dass Sabine Folie die komplette Übersiedelung, die bis Ende 2015 abgeschlossen sein soll, betreuen werde. Über ihre persönliche Zukunft wollte die sichtlich enttäuschte Foundation-Leiterin noch keine Stellungnahme abgeben, um nicht "destruktive Energie" hineinzubringen. Es fänden Gespräche statt und "die Konsequenzen sind nicht absehbar".

Letzte Retrospektive in Wien
Man stehe "am Beginn eines Transformationsprozesses", was ironischer Weise auch ein Hauptthema in Grossarths Arbeiten sei, sagte Folie. Diesen Transformationsprozess hätte sie sehr gerne transparenter und kollegialer gesehen, betonte Grossarth, die sich sehr traurig zeigte, die Entscheidung als "sehr unklug" kritisierte und von einem "Riesenverlust" sprach: "Es ist eben nicht egal, wo die Dinge sind."

Ausstellung vielfältiger Natur
In der von Folie und Ilse Lafer kuratierten Ausstellung sind erstmals alle Werkkomplexe Grossarths seit ihren Anfängen als Tänzerin in den 1970er und 1980er Jahren zu sehen. In vielfältigen Medien setzt sie sich mit historischen und ideengeschichtlichen Themen oder mit jüdischer Mystik auseinander und versucht Denk- und Handlungsräume zu veranschaulichen. "Die Ausstellung erwies sich als widerständig und schwierig zu stellen", sagte Folie, schließlich handle es sich um Werkgruppen mit höchst unterschiedlichen Techniken und Materialien und mit eigenwilligen Formen. Doch auch in den nächsten Tagen dürften auch Besucher der Generali Foundation wohl mehr über die anstehende Übersiedelung als über die gezeigten Zwerg-Abgüsse, Fotos, Installationen, Projektionen und Videos diskutieren. Ein vertiefender Katalog soll im April erscheinen.

Info
"Wäre ich von Stoff, ich würde mich färben. Retrospektive Ulrike Grossarth", Ausstellung in der Generali Foundation, Wien 4, Wiedner Hauptstraße 15, 24. Jänner bis 29. Juni, Di-So 11-18, Do bis 20 Uhr, foundation.generali.at


 
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