Mit großer Bestürzung reagiert die Theaterwelt auf den plötzlichen Tod von Gert Voss.
Fast 30 Jahre lang war Gert Voss, der von der London Times zum „Besten Schauspieler Europas“ ausgerufen wurde, der König des Burgtheaters. 1987 hatte er in Claus Peymanns erster Burg-Neuinszenierung, Shakespeares Richard III., als klumpfüßiger, neofaschistisch geschorener König Wien im Sturm erobert. Mit seinem bösen, unwiderstehlichen Charme und seinen unglaublichen Verführungskünsten, den blitzenden blauen Augen und der hellen, biegsamen Stimme betörte der am 10. 10. 1941 als Sohn deutscher Eltern in Shanghai geborene, in Deutschland aufgewachsene Bühnengigant PartnerInnen, Publikum und Kritik.
Schwierig
Voss wurde der begehrteste Hauptrollenspieler aller wichtiger Neuinszenierungen und galt seit diesem denkwürdigen Debüt als der beste Shakespeare-Spieler seiner Generation: Regiegroßmeister Peter Zadek verglich ihn mit dem größten englischen Shakespeare-Schauspieler, Lord Laurence Olivier, George Tabori, das letzte Universalgenie des Theaters, sagte über ihn: „Gert Voss ist einmalig und besonders gut, weil er sehr schwierig ist.“
Bernhards Hommage – »Ritter, Dene, Voss«
Thomas Bernhard widmete Gert Voss 1986 das obsessive Sprachkunstwerk Ritter, Dene, Voss, das in Peymanns Regie bei den Salzburger Festspielen zur Uraufführung kam. 1995–98 war er auf dem Salzburger Domplatz Hofmannsthals Jedermann, und sein sterbender reicher Mann war, wie alle seine Rollen, atemberaubend.
Verlust
Zuletzt war Gert Voss, der als Mitglied der Findungskommission einen neuen Burgtheaterdirektor suchen sollte, am 22. Mai im Akademietheater mit Ignaz Kirchner in einem Festprogramm zum 100. Geburtstag von George Tabori zu erleben. „Ich war lange krank, mit einem Keim in der Lunge, sechs Wochen im Krankenhaus“, sagte er im April in einem Interview mit ÖSTERREICH. Am Sonntag ist Gert Voss, Kammerschauspieler und Ehrenmitglied des Burgtheaters, im Alter von 72 Jahren gestorben: ein unersetzbarer Verlust für die Theaterwelt.