Die Schwedische Akademie sieht keinen Anlass, Günter Grass nach der Diskussion um sein Israel-kritisches Gedicht den Literaturnobelpreis abzuerkennen. Das erklärte der Sekretär der Akademie, Peter Englund, am Dienstag. Grass habe den Preis ausschließlich wegen seiner literarischen Verdienste erhalten, betonte Englund in einem Beitrag, den er in seinem Blog auf Deutsch, Englisch und Schwedisch veröffentlichte.
In dem Gedicht "Was gesagt werden muss"
hatte Grass geschrieben, die Atommacht Israel bedrohe den Weltfrieden und könne das iranische Volk mit einem Erstschlag auslöschen. Israels Innenminister Eli Yishai von der strengreligiösen Shas-Partei hatte im israelischen Rundfunk daraufhin gesagt, man müsse dem 84-jährigen Grass eigentlich den Literaturnobelpreis aberkennen. Yishai hat gegen Grass ein Einreiseverbot nach Israel verhängt.
Verdienste Englund erklärte: "Unter Bezugnahme auf die jüngste Debatte über Günter Grass' Gedicht "Was gesagt werden muss" erlaube ich mir festzustellen, dass Herr Grass den Nobelpreis für Literatur des Jahres 1999 aufgrund literarischer Verdienste, und ausschließlich aufgrund literarischer Verdienste, erhalten hat - was, nebenbei gesagt, für alle Preisträger gilt. Die Schwedische Akademie sieht heute wie zukünftig keinen Anlass für eine Diskussion, ihm diesen Preis in irgendeiner Weise streitig zu machen."
Der Verband hebräischsprachiger Schriftsteller in Israel hat unterdessen Autoren in aller Welt dazu aufgerufen, sich klar von Günter Grass zu distanzieren. Der Vorsitzende des Verbands, Herzl Hakak, sagte am Dienstag, man fordere auch eine Stellungnahme der internationalen Schriftstellervereinigung PEN. "Sie müssen sich von der Verletzung grundlegender menschlicher Werte distanzieren und klar Position beziehen", sagte Hakak der Nachrichtenagentur dpa.
Doppelzüngigkeit Grass habe sich erst vor einigen Jahren zu seiner Mitgliedschaft in der SS bekannt, sagte Hakak. "Wir hatten gehofft, dass er damit auf den rechten Weg zurückgekehrt ist und dass sein Alter schöner als seine Jugend sein wird." Mit seinen Äußerungen gegen Israel habe Grass jedoch "Doppelzüngigkeit" bewiesen. "Er stellt das Opfer als Täter dar und den Aggressor als Opfer", sagte der Vorsitzende des Schriftstellerverbands. Grass legitimiere so ein "düsteres Regime, das gegen das jüdische Volk ist, das unter Verfolgung und Holocaust gelitten hat".
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