Theater-Kritik

„Häuptling Abendwind“ kocht mit Ho und Kurz-Gag auf

04.04.2024

Neues Theater-Highlight in Wien: Yasmo holt den Nestroy-Klassiker „Häuptling Abendwind“ mit Rap und Polit-Gags in die Gegenwart. In den Hauptrollen brillieren Alkbottle Roman Gregory und die junge Bex. 

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© Rita Newman/Rabenhof
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„Ich sage sie ist dumm, damit sie nicht checkt wie gescheit sie ist“ Alkbotte Roman Gregory als überforderter Bühnen-Papa auf den Spuren von Johann Nestroy. Am Mittwoch feierte er im Wiener Rabenhof seine Theater-Premiere in „Häuptling Abendwind.“ Rapperin Yasmo hat bei ihrem formidablen Regie-Debüt den politisch völlig unkorrekten Nestroy-Klassiker aus dem Jahr 1862 ein zeitgemäßes feministisches Gewand voll Musik, Politik und Gesellschafts-Kritik verpasst und setzt dabei der Häuptlings-Tochter Atala, die mit Jungrapperin BEX brillantest besetzt ist, die Krone auf. Auch mit einem neuen Ende.

© Rita Newman/Rabenhof

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Und einem genialem Zwischenspiel, bei dem Yasmo umrahmt von Schlagwörtern wie „Mensch“, „Gott“ oder „Tradition“ als Erzählerin mit Rap-Einlagen samt dem Sebastian-Kurz-Spruch „Habt‘s scho Mittag gegessen? ja ja“ gekonnt die Vierte Wand durchbricht.

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Die Insel der Seligen, wo bei Nestroy das Patriarchat und der Kannibalismus seine fröhliche Urständ feierten, ist bei Yasmo in einer Therme angesiedelt. Dort wartet der Häuptling Abendwind (Gregory) mit Songs wie „I will ka Gemüse“ und ewig gestrigen Sprüchen a’la „Bleiben Sie so wie ich bin“ auf seinen Amtskollegen Häuptling Biberhahn (Christian Strasser) um mit ihm Allianzen gegen „den Fortschritt bzw. den Fortschrott“ eingehen. Und sei es mit einer Zwangshochzeit seiner Tochter.

© Rita Newman/Rabenhof

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Doch die hat längst ihr Herz verloren. An den selbstverliebten Influencer Artur (Raphael Rameis), der bei ihr mit rassistischem Macho-Gehabe („Fuck ist die geil. Ich Weltenbürger. Du sprechen meine Sprache?“) die Schmetterlinge im Bauch weckt. Eine vermeintlich verbotene Liebe, die bei Papa Abendwind, dem Häuptling der Kannibalen, nur Hungergefühle auslöst: „Haben sie schon einmal eine Menschen gegessen? Einen keuchenden Lungenbraten von einem Kettenraucher? Eine geröstete Leber von einem Trankler? Das ist bei uns halt Tradition.“

© Rita Newman/Rabenhof

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Also wird der Insel-Koch, der sinnigerweise den Namen „Ho“ trägt („Er hat eine feine Nase, aber nicht für’s Geschäft. Wenn der Ho kocht menschelt da nichts mehr!“) für ein kannibalistisches Galadiner zu Ehren von Biberhahn beauftragt. Pech, dass gerade dieser Arturs Vater ist und die Kette seins Sohns im Festmahl entdeckt. Das schreit nach Krieg, den nur Eine verhindern kann: die starke Atala!

Minuten-lange berechtigte Ovationen, auch von VIPs wie Thomas Rabitsch, Star-Figaro Erich Joham oder Amadeus-Erfinder Mario Rossori.  Vor allem für das neue Theater-Wunder BEX, die am 26..April auch den Amadeus-Award in der Kategorie Hip Hop/ Urban  holen könnte. 

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