Selbstreflexion
Handke reagiert auf die Vorwürfe
08.01.2008
Peter Handkes "Die morawische Nacht“ wird von Deutschlands Starkritikern gepriesen. So hart ging er noch nie mit sich selbst ins Gericht.
Autobiografisch gefärbt
Ein "abgedankter Schreiber",
ein Dichter, der dem Schreiben entsagt und sich nach Serbien zurückgezogen
hat, ist die Hauptfigur in Peter Handkes neuer Erzählung "Die morawische
Nacht", die soeben erschienen ist. Handkes Alter Ego erzählt darin Freunden
von einer Reise auf der Suche nach sich selbst. In den ersten Kritiken wird
das Werk durchwegs positiv aufgenommen.
FAZ
Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" nennt das
Buch den "Versuch eines Dichters, mit sich selbst und der Welt ins
Reine zu kommen. Für jemanden, der den Streit oft mehr zu lieben schien als
den Frieden, ist das erstaunlich gut gelungen."
Die "Frankfurter
Allgemeine Sonntagszeitung" resümiert: "Peter Handkes neues
Buch treibt die bösen Gespenster der letzten Jahre aus. Handke-Leser werden
ihren Handke in jeder Zeile wiedererkennen. Es ist ja der alte Handke, die
Motive sind aus vielen seiner etwa siebzig bislang veröffentlichten Bücher
bekannt."
Spiegel-Kritik
Die Literaturkritiker staunen über den neuen
Handke: "Als wollte er einen Katalog der Vorwürfe und Einwände anlegen,
die gegen ihn schon laut geworden sind, zählt er seine vermeintlichen
Schwächen auf", schreibt der Spiegel. "Die morawische Nacht
ist das bisher raffinierteste von Handkes Büchern über das Erzählen, das
Schreiben und Schreibleben. Noch nie zuvor ist er derart mit sich ins
Gericht gegangen.“
Summe seines Lebens
In der stark autobiografisch gefärbten
Erzählung (ab Samstag bei Suhrkamp) schickt Handke sein Alter Ego nach
Serbien, um eine Art "Summe seines Lebens als Schriftsteller“ zu
ziehen, wie der Spiegel zusammenfasst. Noch nie sei der zu weltanschaulicher
Sturheit neigende Autor – man erinnere sich an die Grabrede für Milosevic – "derart
mit sich ins Gericht gegangen".
Prügel
"Nirgends zeigte er ein Herz für seine
Zeitgenossen. Dafür begeisterte er sich für ein Glühwürmchen",
lässt Handke den teils fiktiven, teils autobiografischen Helden resümieren,
der sogar zugibt, einmal eine Frau "fast totgeprügel" zu
haben.
Frieden
Damit könnte sich der Schriftsteller auf den Vorwurf
seiner ehemaligen Lebensgefährtin Marie Colbin beziehen, die 1999 öffentlich
behauptete, Handke habe sie "gewalttätig" attackiert: "Ich
spüre noch immer den Bergschuh im Unterleib. Nein, du bist kein Mann des
Friedens."
Über das Leben und Schreiben Peter Handkes, der im Dezember 65 wurde, erschien kürzlich auch eine Rowohlt-Monografie.