Causa Burgtheater
Hartmann: "Mir ist Unrecht geschehen"
07.04.2014
Ex-Direktor über Holdingchef: "Er gibt mich als Bauernopfer preis."
Matthias Hartmann ist "bereit, meine Fehler zu sehen", "aber mir ist tatsächlich Unrecht geschehen". Das sagt der entlassene Burgtheater-Direktor in einem morgen, Montag, erscheinenden großen Interview mit dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Darin kritisiert er u.a. die medialen Angriffe und das Verhalten von Holding-Chef Georg Springer, stellt aber auch klar, dass er sich nicht bedroht fühle.
Falschmeldungen über Hartmann
Meldungen, dass auf seinen Porsche geschossen worden sei, seien falsch. Erstens habe es sich um den Beifahrerspiegel seines alten Mercedes gehandelt, in dem eine Neun-Millimeter-Patrone gesteckt habe, zweitens sei dies wohl Resultat dessen, dass jemand im nahen Lainzer Tiergarten in die Luft geschossen habe. "Ein Zufall. Gezielt geschossen, hätte die Patrone den Spiegel komplett zerstört." Auch seien seine Kinder nicht gemobbt worden. Das hatte Hartmann allerdings in einer Erklärung kurz vor seiner Entlassung selbst behauptet: "Meine Kinder werden bereits angepöbelt." Nun sind das für ihn "so typische Ausdrücke für eine Schockreaktion".
Ex-Burg-Chef verwundert
Hartmann zeigt sich u.a. von der "Wucht der totalen und sich immer wieder an sich selbst ergötzenden Berichterstattung" konsterniert und sieht sich als "Mann, der gerade schwer verletzt aus einem Autounfall ausgestiegen ist und sich die Frage stellt: Wie kam das eigentlich?". Im Gespräch mit dem "Spiegel" versucht er das Geschehen zu rekonstruieren: Hätte er die Vizedirektorin Silvia Stantejsky "nicht entlassen, wäre ich zu Recht verantwortlich gemacht worden. Die Kalaschnikows der Juristen waren schon auf mich gerichtet." Danach "hätte ich mich medial klarer positionieren und Lösungen anbieten müssen. Ich hatte die Hoffnung, dass sich alles noch vernünftig aufklären lässt. Stattdessen kam bis in den März immer mehr her aus, von dem ich nichts wusste."
Finanzsystem des Burgtheaters undurchschaubar
Dabei habe er von Anfang an das Abrechnungssystem des Burgtheaters nicht durchschaut und auch der von ihm geholte Berater Peter Raddatz habe sich nicht ausgekannt: "Da saßen also zwei Norddeutsche und kratzten sich am Kopf und stellten Fragen an die Holding, an die Wirtschaftsprüfer. Aber die wurden nicht beantwortet, Vertröstungen, angebliche Abstimmungsprobleme, über Monate hinweg, alles immer sehr höflich und nett. Es hieß dann aber, es sei alles rechtlich in Ordnung. Heute wissen wir, dass es gute Gründe gab, unsere Fragen nicht zu beantworten. (...) Es hieß: Wir haben die schwarze Null. Und die schwarze Null sagte: dieses Theater sei in Ordnung, zwar Verbindlichkeiten, aber andererseits Werte, die das ausgleichen."
Die Suche nach dem Geld
Er sei keineswegs Teil des Systems Stantejsky gewesen, habe allerdings für seine Vorbereitungsarbeiten auf Vorschlag von der damaligen Kaufmännischen Geschäftsführerin nur einen Beleg unterschrieben, "und wenn ich etwas brauchte, könnte ich mir es jederzeit nehmen. (...) Ich dachte, das sei hier ein besonderer Service für den freundschaftlich verbundenen neuen Direktor." Nach ihrer Entlassung habe er sich nach dem Verbleib der restlichen Summe im Burgtheater erkundigt: "Sie antwortete: Das Geld liegt da nicht im Safe, das habe ich. Wie, das hast du? In deinem Safe, oder wo? Sie sagte: Nein, nein, ich habe es gar nicht mehr. Ich sagte ihr: Aber du gibst es mir, wenn du es hast, oder? Und dann sagte sie noch einmal, dass sie es nicht habe. Ich sagte ihr: Das nennt man Veruntreuung. Ihre Antwort: ja. Das hat sie auch noch mal in Gegenwart meines Anwalts bestätigt."
Hartmann als Bauernopfer
Hart kritisiert Hartmann Georg Springer, den Geschäftsführer der Bundestheater-Holding und langjährigen Aufsichtsrats-Chef des Burgtheaters: "Nehmen wir mal an, Springer hätte von der ganzen Sache in dieser Form nichts gewusst, nehmen wir also das Beste an, dann muss er genauso konzedieren, dass ich es auch nicht hätte wissen können, und mich in Schutz nehmen. Nehmen wir aber an, dass er es gewusst hat, dann trifft ihn die doppelte Schuld. Er gibt mich als Bauernopfer preis, schickt mich in dieses Feuer, um von sich und seinem Wissen abzulenken. Diese beiden Szenarien gibt es, ein anderes kann ich mir nicht vorstellen."
Rehabilitation wichtiger als Geld
Zu seiner Forderung nach kompletter Auszahlung seines Vertrages sagt Hartmann im "Spiegel": "Wichtiger als das Geld wäre mir meine Rehabilitation. Die Wahrheit muss ans Licht über die wirklichen Gründe des Schlamassels." Doch "diese Geschichte mit der absoluten Verantwortung auch eines künstlerischen Geschäftsführers kann im Ernst nur heißen, dass auf der Stelle alle Theaterdirektoren entlassen werden. Weil die gar nicht in der Lage sein können, diese Verantwortung zu erfüllen. Ein Regiebetrieb funktioniert nicht wie ein normales Unternehmen. Und wird es auch nie."