Salzburger Pfingstfestspiele

Helle Begeisterung für Bartolis "Norma"

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Bellinis Musikdrama entschlackt und szenisch in die 50er-Jahre versetzt.

Die Salzburger Pfingstfestspiele haben mit ihrer "Norma" einen Volltreffer gelandet - die künstlerische Leiterin des Festivals und zugleich Sängerin der Hauptrolle, Cecilia Bartoli, hat bei der Premiere dieser Produktion am 17. Mai im Haus für Mozart helle Begeisterung ausgelöst. Die Regisseure Moshe Leiser und Patrice Caurier verlegten die Oper aus dem Gallien der Römerzeit in die 50er-Jahre. Zugleich wurde Bellinis Partitur von den Zürcher Musikern unter der Leitung von Giovanni Antonini entschlackt und die Instrumentierung verkleinert. Das schuf Raum für die Sänger - Jubel am Ende für alle, Standing Ovations für Bartoli.

Regie-Duo Leiser und Caurier begeisterte  
Im Gegensatz zu ihrem umstrittenen "Giulio Cesare" im Vorjahr hat sich das Regie-Duo Leiser und Caurier diesmal stark zurück genommen. Die beiden haben auf Effekte und übermäßigen Requisiten-Einsatz verzichtet und sich nicht einmal gescheut, einen erheblichen Teil des Dramas vor zentral aufgespanntem, schwarzem Vorhang spielen zu lassen. Christian Fenouillats Bühne ist eine Schule oder ein Gemeindezentrum der 50er-Jahre, in weiß gehalten und unspektakulär. Dort rennen anfangs Schulkinder und ein paar Nazis herum. Widerstandskämpfer in Partisanen-Outfit zücken nicht Schwerter, sondern Pistolen. Aber trotz dieser oder ähnlicher "Text-Bild-Scheren" und "räumlicher Verwirrungen" wirkt die Inszenierung unaufdringlich und unaffektiert. Dafür hat das Regieteam vieles an diesem Drama über verschmähte Liebe, Rache, Kriegstreiberei und die Zerstörungskraft einer Mutter psychologisch geschickt herausgearbeitet, sodass kein Mensch auf die Idee kam, Römerrüstungen, Gallierhelme oder wallende Druiden-Stoffe zu vermissen. Den Vortritt in der Salzburger "Norma" hatten ohnehin die Musiker und vor allem die Sänger.

Alte Instrumente wiederbelebt
Das am Opernhaus Zürich durch historische Aufführungspraxis auf alten Instrumenten bekannt gewordene Orchestra La Scintilla (Der Funke, Übers.) hat die "Norma"-Partitur aus einer überarbeiteten, von vielen romantisierenden Ergänzungen befreiten Partitur gespielt. Die Klangfarbe des relativ klein besetzten Orchesters, die schlanken Striche der Streicher, die eher dünnen Bläser und Pauken, der kleine Chor (Coro della Radiotelevisione Svizzera) aus Lugano, die flotten und stabilen Tempi des umsichtigen und konsequenten Dirigenten Antonini - all das schuf akustischen Raum für die sechs Solisten. Den brauchten und nutzen sie.

Keine gewaltigen Stimmwunder

Gleich vorweg: Große Stimmen waren nicht zu erleben in Salzburg - dafür die große Musikerin Cecilia Bartoli. Ihr Mezzosopran mag dramatische Durchschlagskraft und klangliche Ausgeglichenheit in den verschiedenen Lagen vermissen lassen. Außerdem vibriert diese Stimme außergewöhnlich viel und permanent. Aber mit ihrer unglaublichen Bühnenpräsenz und musikalischen Intelligenz gepaart mit sensationellem rhythmischen Instinkt ist diese Mezzosopranistin dennoch ein packendes Erlebnis. Stimmlich ist Bartoli keine Callas. Auf der Bühne aber ist sie mehr als die legendäre "Norma" aus Griechenland.

Opernstars auf der Bühne

Neben Bartoli wirkte Rebeca Olvera als Adalgisa zart wie ein Vögelchen, stimmlich, musikalisch und schauspielerisch eine ebenso seriöse wie sympathische Person in der Rolle der Priester-Novizin. "Pollione" John Osborn ließ einen klaren, strahlenden Tenor hören, feine Italianita, an der Lockerheit seiner Spitzentöne ließe sich aber herummäkeln. Michele Pertusi als Oroveso, Liliana Nikiteanu als Clotilde und Reinaldo Macias als Flavio ergänzten ein insgesamt sehr gutes Festspielensemble. Den Erfolg der Salzburger "Norma" dürfen sich alle Künstler und Kunst-Manager der Festspiele auf die Fahnen schreiben. Aber Cecilia Bartoli ist das Kraftzentrum.

Info
"Norma", Tragedia lirica in zwei Akten von Vincenzo Bellini nach einem Libretto von Felice Romani. Musikalische Leitung: Giovanni Antonini, Regie: Moshe Leiser und Patrice Caurier. Bühne: Christian Fenouillat, Kostüme: Agostino Cavalca. Es musizierten das Orchestra La Scintilla aus Zürich und der Coro della Radiotelevisione Svizzera aus Lugano. Die Solisten: Cecilia Bartoli als Norma, Rebeca Olvera als Adalgisa, John Osborn als Pollione, Michele Pertusi als Oroveso, Liliana Nikiteanu als Clotilde und Reinaldo Macias als Flavio. Die Aufführung im Haus für Mozart wird am Sonntag wiederholt und außerdem ins Programm der Sommerfestspiele übernommen. www.salzburgfestival.at.

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