Erste Musicalpremiere im neuen Haus erkundet Ostküstenkleinstadt.
Die Vereinigten Bühnen Wien müssen wachsender Konkurrenz ins Auge sehen: Feierte Ende März Andrew Lloyd Webbers "Sunset Boulevard" im Klagenfurter Stadttheater seine Österreichische Erstaufführung, zogen am Samstagabend die Linzer mit ihrem neuen Musiktheater nach. Die neue Spielstätte zeigte mit der Erstaufführung "Die Hexen von Eastwick" nach John Updike, dass das neue Haus am Volksgarten auch für Musicalproduktionen bestens geeignet ist - stellte die Inszenierung doch die Eröffnungsproduktion der neugegründeten Musicalsparte dar.
Hexen erobern Linz
In der Ostküstenkleinstadt Eastwick leiden die drei geschiedenen Bewohnerinnen Alex (Kristin Hölck), Sukie (Lisa Antoni) und Jane (Daniela Dett) nicht nur unter der sittenstrengen Bürgermeisterin Felicia Gabriel (Karen Robertson), sondern auch an fehlender Lebensfreude und Männermangel. Als sie eines Nachts ihren Traumprinzen beschwören, erscheint dieser alsbald in Form des diabolischen Darryl Van Horne (Reinwald Kranner), der die Frauen anzieht und zugleich das kleine Nest gegen sich aufbringt. Der Teufel steckt also im Detail und bald auch in den drei Protagonistinnen. Erst ein Mord lässt die drei Hexen schließlich vereint gegen ihren Liebhaber vorgehen.
Kampf der Geschlechter
Das Musical dürfte Kinder mithin wenig interessieren, geht es doch um den Kampf der Geschlechter und nicht zuletzt ganz konkret um Sex. Die erotische Ekstase in der Kleinstadt wird dabei mit direkter Sprache gefeiert, während Komponist Dana P. Rowe die von John Dempsey adaptierte Updike-Vorlage mit altbekannter Mischung aus Rock, Swing und klassischen Broadway-Chornummern versieht. Die Sänger der Hauptrollen - vornehmlich mit den sieben Mitgliedern der neuen Musicalsparte besetzt - überzeugten durchwegs stimmlich und mit ganzem Körpereinsatz. Reinwald Kranner gibt den Leibhaftigen als schmierigen Strizzi und Kristin Hölck, Lisa Antoni und Daniela Dett lassen ihre drei Damen sichtlich eine Charakterentwicklung durchlaufen. Einzig in den Dialogszenen unterminiert die hölzerne Diktion trotz elektronischer Verstärkung streckenweise erotische Aufwallungen.
Rasantes Musical
Regisseur Matthias Davids - hauptberuflich Leiter der Musicalsparte - setzt in seiner Inszenierung auf schnelle Wechsel der Prospekte, lässt mittels Hebebühne Spielflächen ebenso schnell verschwinden wie erscheinen und projiziert im Bühnenhintergrund konstant die verschiedenen Stadien des Himmels. Gleich einem Höllenschlund rahmt ein fragmentierter, weißer Neu-England-Gartenzaun den Bühnenrand. Zugleich setzt Davids aber auch auf seine Darsteller, um einprägsame Bilder zu schaffen, wenn er zur Tanzchoreografie mit Schmutzwäsche läutet oder die drei Hexen mit wallenden Kleidern zum ästhetischen Höhenflug über die Bühne anheben lässt. Alles in allem also eine Vorlage, bevor die sieben Ensemblemitglieder am heutigen Sonntag unter dem Titel "Seven in Heaven" zum Schaulaufen antreten.
Info
"Die Hexen von Eastwick" von John Dempsey und Dana P. Rowe nach John Updike im Linzer Musiktheater in der Regie von Matthias Davids mit dem Bruckner Orchester unter Kai Tietje/Marc Reibel. Mit Reinwald Kranner (Darryl Van Horne), Kristin Hölck (Alexandra Spofford), Daniela Dett (Jane Smart), Lisa Antoni (Sukie Rougemont), Karen Robertson/Cheryl Lichter (Felicia Gabriel), Rob Pelzer (Clyde Gabriel), Oliver Liebl (Michael Spofford), Ariana Schirasi-Fard (Jennifer Gabriel), Tina Haas (Das Mädchen), u.a. Weitere Aufführungen am 26., 28. und 30. April, am 4., 16., 18., 20., 27. und 29. Mai, am 5., 8., 10., 28., 29. und 30. Juni sowie am 8. November.