Jan Fabre liebt die Wiederholung. Die Repetition von Bewegungen bildet seit jeher einen Kern der Werke des belgischen Starperformers. Auf ganze Stücke bezog sich diese Neigung jedoch noch selten. Beim heurigen Wiener ImPulsTanz-Festival hat Fabre nun den Blick zurück gewagt und mit dem 1984 entstandenen "The Power of Theatrical Madness" ein Frühwerk neu inszeniert. Und das Werk strotzt auch nach 28 Jahren von ungebrochener Wucht, Eindrücklichkeit und augenzwinkernder Dramatik. Die nach gut vier Stunden im Burgtheater verbliebene Hälfte des Publikums zeigte sich entsprechend begeistert von der Leistung des Fabre-Ensembles Troubleyn.
Publikumsreaktionen:Lachen, Pfeifen, Klatschen Auch im Jahr 2012 ist das Fabresche Mittel der exzessiven Wiederholung in Kombination mit kontemplativen Pausen nach wie vor für Teile des Publikums nicht auszuhalten, was sich in Lachen, Pfeifen, Klatschen bemerkbar machte, wovon sich die Akteure allerdings nicht beirren ließen. Besonders die einführende Machtperformance, bei der einer der Tänzer seine Kollegin über 20 Minuten gewaltsam davon abhält, auf die Bühne zu klettern, bis diese ihm auf seine wiederholte Aufforderung 1876 schließlich "'Der Ring des Nibelungen' in Bayreuth" antwortet, überspannte viele Nerven. Verschwinden im Strom des Neuen Wer sich jedoch auf das eigene Zeitmaß der Körperwelten des Belgiers einlassen kann, für den steigert sich die Präsenz der Performer durch die stete Wiederholung zu einer Unausweichlichkeit, entrissen dem Auftauchen und folgenlosen Verschwinden im Strom des Neuen. Geschichte im narrativen Sinne bleibt bei Fabre fragmentarisch, dafür entfaltet sich in "Power of Theatrical Madness" eine poetische Geschichte im Sinne von Kunsthistorie. Ein stetig anschwellenden Exzess Vor den Projektionen großer Meister und unter einer Sternendecke, schreien die Akteure Sternstunden des Theaters heraus, rezitieren enzyklopädisch im stetig anschwellenden Exzess Namen und Aufführungsdaten. Die Körper werden zur absoluten Verausgabung getrieben, Momente der An- und Entspannung wechseln einander ab. Das Entkleiden des Körpers, seine Verhüllung werden ritualisiert, Nacktheit als Höchstform der körperlichen Präsenz ausgekostet. Als anrührender Höhepunkt tanzen zwei nackte Kaiser miteinander, ihrer neuen Kleider entledigt. Am Ende werden sie sich zu Tode küssen. Theatrales Augenzwinckern inklusive Zugleich darf das theatrale Augenzwinkern Fabres nie übersehen werden, wenn er nicht nur auf Wagners "Ring" repliziert, sondern ebenso auf Monty Pythons Ministerium für alberne Gänge oder die Ohrfeigeperformance "Light/Dark" von Marina Abramovic und Ulay. Auch kommen musikalisch nicht nur Wagner und Strauss zu ihrem Recht, auch der oft unterschätzte belgische Komponist Wim Mertens ist prominent vertreten. Mit dieser Hybris der beinahe allumfassenden Theatermaschine gewann Fabre die verbliebene Hälfte des Publikums für sich, die nach bekanntem Muster über den Verlauf des Abend zur eingeschworenen Gemeinde verschmolzen war. Fabre auch 2014 bei ImPulsTanz dabei Dabei bleibt "The Power of Theatrical Madness" nicht die einzige historische Wiederaufnahme Fabres beim ImPulsTanz. In Vorbereitung seines für 2014 geplanten 24-stündigen Marathons "Mount Olympus" kommt in der Halle G des Museumsquartiers am Samstag und Sonntag sein achtstündiges Projekt "This is theatre like it was to be expected and foreseen" zu neuen Ehren.
Fabre-Festspiele nur in Wien Und die Fabre-Festspiele beschränken sich derzeit nicht nur auf Wien. Die Galerie Mario Mauroner Contemporary Art widmet sich dem Künstler sowohl in ihrer Wiener wie auch in ihrer Salzburger Zweigstelle. In Wien werden seit dem vergangenen Wochenende Arbeitsskizzen für "The Power of Theatrical Madness" gezeigt, in Salzburg zwei neue Werkserien unter dem Titel "Tribute to Hieronymus Bosch in Congo" und "Offering to the God of Insomnia". In den Gewölberäumen am Waagplatz werden letztere am 19. Juli in Anwesenheit Fabres präsentiert.
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