Young Directors Project

"Jedermann" als Pop und Trash-Spektakel

07.08.2013

Bastian Kraft bringt das Salzburger Traditionsstück als Solo für Philipp Hochmair.

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© APA/BARBARA GINDL
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Mit "The Animals and Children Took to the Streets" von Suzanne Andrade ist das "Young Directors Project" bei den Salzburger Festspielen vor einer Woche höchst spannend gestartet. Mit "Jedermann" nach einem Konzept von Bastian Kraft geht es interessant, aber nicht ganz so inspirierend weiter. Der 33-jährige Regisseur aus Deutschland hat gestern, Dienstag, Abend, seinen "Jedermann" von Hugo von Hofmannsthal auf die Bühne der ARGEkultur gebracht. Und zwar als trashiges, poppiges Solo für Philipp Hochmair.

Alle Rollen von einer Person gespielt

Hochmair spielt alle Rollen selbst. Nur den Tod nicht. Dafür steht ihm die Musikerin Simonne Jones zur Seite mit ihren gruftigen oder eleganten Girlie-Outfits und holprigem, digital verfremdetem Deutsch. Aber Jones macht mehr, als den Jedermann mit amerikanischem Akzent zur Abrechnung abzuholen. Als Zeremoniemeisterin bettet sie das gesamte Stück in Klavier, sanfte Gitarre, grobes Heavy Metal und dröhnenden Drum&Bass. Manchmal klingt das liebevoll und rührend, manchmal ruppig und rücksichtslos und oft auch nur gleichgültig. Wie das Spielen mit Barbiepuppen halt so ist.

Neu-Interpretation faziniert  
So gut wie jedes Wort, das Hochmair spricht, stammt von Hofmannsthal und ist so (oder so ähnlich) auch auf dem Domplatz zu hören. Eine Neu-Interpretation der traditionsreichen Salzburger Mysterien-Figur liefert Bastian Kraft nicht. Krafts Beitrag ist Design und Ästhetik. Optische und akustische Effekte holen die Zuschauer in einen Rave-Klub. Es blendet, kracht und groovt zwischen Bildschirmen, Lautsprecherboxen, digitalen Sprachanzeigen und Mikrofonständern. Aber in diesem Tempel der Laptop-gesteuerten Jugendkultur fühlt sich der YDP-Jedermann überraschend alt an. Nein, Krafts Jedermann ist kein neuer Jedermann.

Pendelt zwischen Buhlschaft, Teufel und Co.   

Da strampelt einer um sein Leben, pendelt zwischen Buhlschaft, Teufel, Mutter, Schuldknecht und Gutem Gesell hin und her. Spricht die guten, alten, oft hölzernen und manchmal fast ungeschliffen wirkenden Verse förmlich und werktreu. Aber diese Worte sperren sich gegen diese Jedermann-Bühne im autonomen Kulturzentrum. Irgendwie bleibt dieser Jedermann ein Stück der Salzburger Festspiele. Auch wenn sich das Young Directors Project mit nobler Sponsorenhilfe in der Subkultur eingenistet hat.

Hochmair zieht Publikum in seinen Bann

Beeindruckend ist diese "Everyman-Performance" trotzdem. Denn Hochmair hat Kraft (nicht Regisseur Bastian Kraft ist gemeint, sondern jene Bühnen-Energie, die ein Theater-Konzept stark und eindringlich macht). Hochmair hält die Kamera aus, die ihn aus dem Auge eines Skeletts permanent beobachtet. Subjektiv aber gnadenlos. Er stemmt fast alle Rollen des Mysterienspiels ohne Pathos. Es ist vor allem Hochmairs Abend. Und der seiner Musikerin und des "Stage-Designers" Peter Baur, der mit ein paar technischen Problemen zu kämpfen hatte. Bastian Krafts Konzept wirkt um einen Tick zu dünn. Ein einziger substanziell neuer Gedanke zum Leben und Sterben des reichen Mannes wäre schön gewesen.

Info
"Jedermann" von Hugo von Hofmannsthal. Regie und Konzept: Bastian Kraft. Bühne und Videos: Peter Baur. Kostüme Dagmar Bald. Auf der Bühne: Philipp Hochmair in so gut wie allen Rollen. Musik: Simonne Jones. Koproduktion der Salzburger Festspiele mit dem Thalia Theater Hamburg. Die Aufführung wird am 7., 8., 9. und 10. August in der ARGEkultur wiederholt. Weitere YDP-Premieren sind Mokhallad Rasems Variation des "Romeo und Julia"-Themas (11.8.) und Jan Mikulaseks "Der diskrete Charme der Bourgeoisie" (20.8.) . Die Verleihung des mit 10.000 Euro dotierten Montblanc Young Directors Award findet am 21. August statt. www.salzburgfestival.at

 

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