Kritik
Karajan überflügelt Mozart
21.02.2008
Das Karajan-Jahr (100. Geburtstag) übertrifft das Mozart-Jahr an CD-Angeboten.
Das größte Angebot an Tonaufnahmen, das es je gab, kommt jetzt in den Handel: Karajans akustische Dokumente eines ganzen Dirigentenlebens sind zahlreicher als Mozarts gesammelte Werke, die 1991 und 2006 den Markt überschwemmten.
Sammlung
Die EMI veröffentlicht sämtliche Aufnahmen, die Karajan
zwischen 1946 und 1984 für diesen Konzern machte, auf 158 CDs. Die Aufnahmen
der vierziger Jahre mit den Wiener Philharmonikern, jene der Fünfziger mit
dem Londoner Philharmonia Orchestra, schließlich die der Berliner
Philharmoniker – das ergibt gute Vergleichsmöglichkeiten. Verdis Aida und
Don Carlos (mit Freni, Baltsa, Carreras), Donizettis Lucia (mit Callas, di
Stefano), Karajans erster und bester Beethoven-Zyklus mit dem Philharmonia
Orchestra, die Bläserkonzerte Mozarts (mit Galway, Blau, Koch, Leister) und
die Partnerschaft mit Maurice André bei Trompetenkonzerten der Vorklassik
gehören in jede Plattensammlung.
Die Decca legt jene Aufnahmen mit den Wiener Philharmonikern neu auf, die zwischen 1959 und 1964 entstanden, als Karajan Opernchef war. Aufnahmetechnisch entsprechen sie heutigen Hörgewohnheiten kaum, als Zeitzeugnis sind sie interessant. Die Deutsche Grammophon bringt mehrere „Master Recordings“ mit den Berliner Philharmonikern, auch auf DVD. Auf die späten Karajan-Aufnahmen mit den Wiener Philharmonikern vom Ende der 80er-Jahre, die zu den schönsten Tondokumenten zählen, wird in der Edition zum 100. Geburtstag des Maestro offenbar verzichtet.
Modernisiert
Sony begnügt sich mit einem CD-Doppel, das
allerdings Live-Ausschnitte aus Wiener Opernaufführungen enthält. In drei
DVD-Boxen wurden Karajans Aufnahmen der Beethoven-Symphonien und von
Strauss-Tondichtungen mit den Berliner Philharmonikern sowie der Symphonien
Nr. 4, 5, 6 von Tschaikowsky mit den Wiener Philharmonikern veröffentlicht,
dabei das Filmmaterial tontechnisch modernisiert.
Raritäten & Encores
Das Repertoire all dieser Aufnahmen
reicht von Bach bis Strawinsky, von Mozart-Opern bis zur Fledermaus, von
köstlichen Raritäten bis zu Encores. Wer Karajan wiederhören, wiedersehen
oder neu entdecken will, kann also seiner persönlichen musikalischen Neigung
folgen.