Die Leipziger Operndiva Simone Kermes singt Rameaus „Platée“ an der Wien.
Als „Lady Gaga“ der Barockmusik wird die aus Leipzig gebürtige Koloratursopranistin Simone Kermes im deutschen Feuilleton gern bezeichnet, und solche Vergleiche machen der temperamentvollen Stimmvirtuosin mit der feuerroten Mähne, den glamourösen Roben und hochhackigen Schuhen gar nichts aus. „BaROCKmusik und ROCKmusik haben nicht nur ähnliche Namen, sie arbeiten auch beide mit ungeheuren Energien und elektrisieren das Publikum“, sagt sie.
Sumpfnymphe
Wie es der Zufall so will, steht Simone Kermes heute im Theater an der Wien in der Premiere der heiteren französischen Barockoper Platée von Jean-Philippe Rameau als Lady Gaga auf der Bühne. „Rameaus Ballet-bouffon handelt von der hässlichen, liebestollen Sumpfnymphe Platée, die mit dem Göttervater Jupiter Hochzeit feiern will“, so Kermes. „Ich singe den alles sprengenden Wahnsinn, La Folie, die im 2. Akt eine berühmte parodistische Arie im italienischen Stil hat. Regisseur Robert Carsen siedelt die Oper heute in der Pariser Fashionwelt an. La Folie ist ein Popstar, ich trete mit ganz hohen Schuhen und einer Riege von Tänzern auf einer Showtreppe auf und muss in wenigen Minuten viermal die Kleider wechseln. Das ist die größte Herausforderung.“
Maniriert
Platée ist ihre erste französische Barockoper: „Die französische Barockmusik ist manirierter, komplizierter und weniger gefällig als die italienische. Rameau wird auch viel weniger gespielt als Händel oder Vivaldi. Anlässlich seines 250. Todestags wäre es aber wirklich an der Zeit, diesen französischen Meister wiederzuentdecken.“
Auf ihrer hinreißenden jüngsten CD Belcanto versammelt Simone Kermes Arien, die von Monteverdi über die Rache-Arie von Mozarts Königin der Nacht bis zu Rossini und dem frühen Verdi reichen. „Ich singe nicht nur Barockmusik“, sagt sie, „aber ich liebe sie besonders. Barockmusik ist die Basis aller späteren Komponisten, Mozart und Verdi haben natürlich von Musikern wie Pergolesi, Vivaldi, Händel oder Hasse gelernt. Wenn man Barockmusik singen kann, kann man alles singen.“
E. Hirschmann-Altzinger