Mit 98 Jahren
Künstlerin Louise Bourgeois gestorben
01.06.2010
Galt als teuerste Künstlerin der Gegenwart, ihre riesige Spinnen sind weltbekannt.
Die französisch-amerikanischen Künstlerin Louise Bourgeois ist am Montag, 31.5. im Alter vom 98 in New York gestorben. Sie erlag einem Herzinfarkt. Das teilte ihre Agentin Wendy Williams der Nachrichtenagentur dpa mit. Bourgeois galt als "Grand Dame der Gegenwartskunst" und teuerste Künstlerin der Gegenwart. Vor zwei Jahren erzielte ihre Skulptur "Spider" bei einer Christie's-Auktion in Paris den Rekordpreis von 4,5 Millionen Dollar. Die 1911 in Paris geborene Künstlerin begann als Zeichnerin und Bildhauerin und setzte sich schon früh mit Installationen auseinander. Seit 1938 lebte und arbeitete sie in New York.
Ehrenmitglied der Akademie der bildenden Künste Wien
Bourgeois
war auch Ehrenmitglied der Akademie der bildenden Künste Wien, wobei sie die
bisher einzige Künstlerin war, der diese Ehre zuteil wurde. Sie war auch
Trägerin des Österreichischen Ehrenzeichens für Wissenschaft und Kunst. Es
darf insgesamt nur 72 Träger dieser höchsten österreichischen Auszeichnung
auf diesem Gebiet geben, jeweils zur Hälfte Österreicher und Ausländer.
Bronze-Spinnen
Weltbekannt sind vor allem die riesigen
Bronze-Spinnen von Bourgeois, unter denen Menschen wie kleine Insekten
wirken. Das Werk ist in zahlreichen großen Museen vertreten, darunter im New
Yorker Museum of Modern Art, im Centre Pompidou in Paris, in der Londoner
Tate Gallery und im Museum Ludwig in Köln. 1993 bestückte Bourgeois den
amerikanischen Pavillon auf der Biennale in Venedig, 1999 wurde sie als
Teilnehmerin dieser Kunstschau mit dem Goldenen Löwen ausgezeichnet.
Frankreich hatte sie 1938 für ihren Ehemann Robert Goldwater, einen Kurator
am Museum of Modern Art, verlassen.
"Ich habe Angst vor allem, einfach vor allem"
Louise
Bourgeois galt zeitlebens als eine Künstlerin mit großen Selbstzweifeln - in
Bezug auf ihre Rolle als Tochter, später als Ehefrau, Mutter und Künstlerin.
"Ich habe Angst vor allem, einfach vor allem", sagte sie einmal. Die Sorge,
Anforderungen der Familie nicht gerecht zu werden, zieht sich wie ein roter
Faden durch das Werk der Künstlerin. In der Kunsthalle Wien war vor fünf
Jahren eine Schau zum Spätwerk der damals 94-Jährigen zu sehen. "Ich bin
eine einsame Läufern. Aber eine Langstreckenläuferin", lautete eines der
Zitate im Eingangsbereich der Ausstellung mit dem Titel "Aller - Retour".
Dabei wurde auch eine von Bourgeois' berühmten Spinnen gezeigt
"Femme Maison"
Zu den frühen Motiven der Bildhauerin
gehört der nackte weibliche Körper, dem ein Haus auf den Kopf gestülpt ist.
Zehn Jahre lang, von 1945 bis 1955, befasste sich die dreifache Mutter immer
wieder mit der "Femme Maison", deren Zuhause gleichzeitig ein Gefängnis ist.
"Die kopflose nackte Frau ist gleichermaßen eingesperrt und schutzlos",
sagte einst Bielefelds Museumsdirektor Thomas Kellein.
"The reticent child"
Persönliche Enttäuschungen und
tiefer Schmerz spiegeln sich in den Installationen der Grande Dame der
Bildhauerei ebenso wie Hass und Wut. "The reticent child" (Das verschlossene
Kind) nannte sie im Jahr 2003 eine Anordnung von vier weiblichen und zwei
kindlichen Figuren, zwischen denen es keine Annäherung gibt. Louise
Bourgeois verarbeitet darin die Trauer über das Verhältnis zu ihrem Sohn
Alain, einem Buben, der die Liebe seiner Mutter nicht erwidern konnte. "Es
ist schwer, ein Künstler zu sein und die Tür zu den Träumen verschlossen zu
halten", schrieb die am Anfang ihrer Karriere in den Kreisen der
Surrealisten lebende Bourgeois.
Kompromisslosigkeit
Von drastischer Kompromisslosigkeit ist das
1974 entstandene altarähnliche Werk "Destruction of the father" (Zerstörung
des Vaters). Mehr als 20 Jahre nach dem Tod ihres dominanten Vaters richtete
- und ehrte - Louise Bourgeois den Mann mit einem kannibalistischen Mahl,
das in rotes Licht getaucht ist. Aus Stoff-Fetzen genähte lebensgroße Puppen
von Bourgeois - mit meist üppigen Brüsten, Stummelarmen und unübersehbarem
weiblichen Genital - betonen die Opferrolle der Frau, und unterstreichen
einmal mehr den Ruf der gebürtigen Pariserin als radikal-feministische
Künstlerin.