Eine Arbeitslosenrate von rund 18 Prozent dämpft in Maribor (Marburg) die Stimmung, das Kulturhauptstadtjahr wurde budgetär von vorgesehenen 42 Millionen Euro auf 21 Millionen gedrückt, Bauwerke wurden nur angedacht oder befinden sich im halbfertigen Zustand. Und trotzdem: Die Verantwortlichen kämpfen für ihr Kulturhauptstadtjahr und die von Industrie geprägte zweitgrößte Stadt Sloweniens ist auf dem Weg zu einer neuen Identität, wie ein Lokalaugenschein auf Einladung der Veranstalter zeigte. Hoffen auf neues Kunsthaus "Große Bauvorhaben wurden aufgrund finanzieller Engpässe nicht realisiert, wir hoffen aber, das Kunsthaus kommt noch", so Natasa Kos, Programmdirektorin von Maribor 2012. Im stilvoll renovierten Minoritenkloster ist das international erfahrene Puppentheater "Lutkovno Gledalisce" untergebracht. "Im Kirchentrakt wäre eine Musikakademie geplant gewesen", so eine Mitarbeiterin. Auch eine Kunstakademie bleibt weiterhin ein Traum - Kulturschaffende haben es offenbar in der Stadt an der Drau nicht leicht. Kulturinteressierte auch nicht: Programme werden kurzfristig geändert, Daten und Orte sind äußerst flexibel. Abwanderung groß "In den vergangenen 20 Jahren sind 31.000 Marburger abgewandert. Dem müssen wir entgegensteuern, sonst verödet die Stadt", so Boris Cizej, einer der Verantwortlichen für Maribor 2012, in einem Gespräch mit der APA. Ihm wurde mit seinem Großprojekt "Die Schlüsseln zur Stadt" eine schwierige Mission zum Auftrag gegeben: "Gesichtslose Straßen und Plätze sollen mit Kultur bespielt werden."
Beichtstuhl als Kunstobjekt "Beichtstuhl" nennt sich eines dieser Projekte, wo der Eingangsbereich eines zugesperrten Geschäfts mit einer Sitzbank und einer Onlinekamera ausgestattet wurde. "Drückt man unter der Kamera den roten Knopf, wird man beim Beichten einer Sünde gefilmt", erklärt Cizej. Dieser Film wird nach einem Sicherheitscheck online gestellt. "Wir haben nicht damit gerechnet, wie viele junge Menschen davon Gebrauch machen", so Cizej, der hofft, "dass durch solche Projekte tote Gegenden mit einer neuen Identität angereichert werden." Breitgefächerter Kulturbegriff Der Kulturbegriff wird überhaupt weit ausgedehnt. So gehören auch Stadtgärten zum Konzept, wo gartenlose Bewohner kleine Parzellen um einen symbolischen Preis für ein Jahr mieten können, um ihr eigenes Gemüse anzupflanzen. Dieses moderne "Gardening" kommt weltweit gut an, ist aber laut Kulturhauptstadtjahr-Mitarbeiterin Jasmina Holc in Maribor ein bisschen mehr: "Im Kommunismus sind viele von uns enteignet worden oder hatten ganz einfach keine Möglichkeit, einen Garten anzulegen." Nun sei es an der Zeit, der Bevölkerung etwas zurückzugeben. Besucheranzahl über den Erwartungen Aber natürlich gibt es auch durchaus sehenswerte und breit rezipierte historische Ausstellungen. Die eben zu Ende gegangene Dokumentation "Deutsche und Maribor, ein Jahrhundert der Wenden 1846-1946" beispielsweise lag mit 13.500 Besuchern über den Erwartungen. Das Publikum war multinational und nutzte, wie zu beobachten war, die Gelegenheit zu spontanen Diskussionen.
(Von Martin G. Wanko/APA)
Info Alle Informationen rund um die Kulturhauptstadt 2012 erhalten Sie unter www.maribor2012.indo/en.
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