Das war der Höhepunkt der Salzburger Festspiele 2012: Netrebko singt Puccini.
Zum ersten Mal in der 92-jährigen Geschichte der Salzburger Festspiele wird Puccinis beliebteste Oper La Bohème gespielt. Die traurige Liebesgeschichte des armen Dichters Rodolfo und der schwindsüchtigen Näherin Mimì mit Puccinis herzzerreißender, ein wenig kitschiger Musik hat unter Kennern einen zwiespältigen Ruf: Benjamin Britten meinte, ihm werde „ganz übel von der Billigkeit und Leere dieser Musik“, während Thomas Mann im Zauberberg von Zärtlichkeit, Einfachheit, Süße spricht.
Star der Salzburger Premiere war die russische Primadonna Anna Netrebko als heftig tätowiertes Punkgirl Mimì. „Die etwas krankhafte Schönheit“, die mit 20 an der Schwindsucht stirbt, liegt ihr, das Gefühlige ist ihre Sache. Als Mimì verströmt ihr samtiges Timbre, abgedunkelt durch eine minimal gutturale Färbung, reinsten Wohlklang, obwohl sie an Emphase, Dramatik und musikalischem Sinn doch einiges schuldig bleibt.
© ÖSTERREICH/ Neumayr
© APA/BARBARA GINDL
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Inszenierung
Ihr Partner als Rodolfo war der lyrische Tenor Piotr Beczala: schönstimmig und hochmusikalisch, aber mit einigen verwackelten Spitzentönen.
Die plakative, bunte Inszenierung des jungen Venezianers Damiano Michieletto spielt im heutigen Paris unter jugendlichen Aussteigern. Paolo Fantins Bühne reicht vom Matratzenlager in der schäbigen Studentenbude mit riesigen Fenstern und Türen, wodurch die Sänger zu Puppen schrumpfen, über noble Bürgerhäuser im Minimundus-Format vor einem Pariser Stadtplan bis zu einem elenden Würstelstand an einer vereisten Autobahnauffahrt.
Fortissimo
Daniele Gatti und die Wiener Philharmoniker musizierten dramatisch wendig, aber im Dauerfortissimo. Am Ende gab es Jubel für die Sänger und ein paar Buhs für den Regisseur.