Großformatige Kohlezeichnungen von in KZs ermordeten Kindern und Jugendlichen.
Mit der am 16. Mai eröffnenden Schau "Zeichnen gegen das Vergessen" des Künstlers Manfred Bockelmann setzt das Leopold Museum ein Zeichen. Die Ausstellung von mehr als 60 Kohlezeichnungen, die den erkennungsdienstlichen Fotos von ermordeten Kindern und Jugendlichen in Konzentrationslagern nachempfunden sind, will der kaufmännische Direktor Peter Weinhäupl jedoch nicht als "Image-Politur" verstanden wissen, wie er am Donnerstagvormittag (16. Mai) bei der Pressekonferenz sagte. Vielmehr trachte das Leopold Museum im Rahmen der weiter laufenden Provenienzforschung weiterhin danach, nach "belasteten Kunstgütern" zu suchen.
Provozierende Schau
Die "proaktive Stellung" des Hauses strich auch Kurator Diethard Leopold hervor: "Es ist mein Programm, aus einem Problem eine Ressource zu machen", so der Sohn des verstorbenen Sammlungsgründers Rudolf Leopold. "Durch Bockelmanns Kunst werden die Opfer nicht erlöst, sondern die Werke stellen uns in Frage", so das Vorstandsmitglied. Aus der ursprünglich geplanten Retrospektive des Künstlers zu dessen 70. Geburtstag sei aufgrund dessen starken Themenschwerpunkts nun eine "Gedenkausstellung" geworden, wie Weinhäupl erklärte. Diese wird bis zum 2. September von einem umfangreichen, durch Sponsoren finanzierten Schulvermittlungsprogramm begleitet. Eine "Werkschau" des am 1. Juli 1943 in Klagenfurt geborenen Manfred Bockelmann ist unterdessen von 24. Mai bis 22. Juli in der Galerie Frey in Wien zu sehen.
63 Bilder des Grauens
Die 63 dicht gehängten Werke, die die jungen Opfer des Nationalsozialismus frontal zeigen, entfalten denn auch durch ihre Masse eine bewegende Dringlichkeit. Mit der Hängung, die auch Lücken an der Wand freilässt, will Bockelmann "darauf hinweisen, dass wir diese Zahl (der Ermordeten, Anm.) emotional gar nicht fassen können", wie er sagte. Wesentlich war es bei der Arbeit mit den Fotos auch, den Kindern und Jugendlichen, die in den Konzentrationslagern ermordet wurden, ihre Namen zurückzugeben, die Häftlingsnummer hingegen habe er - sofern die Fotos Namen zuzuordnen waren - ausgespart. Und so sind es etwa "Katharina 'Gatti' Kovacz, 8 Jahre", "Kazimierz Koper, 14 Jahre" oder "Karolina Rigo, 2 Jahre", die dem Besucher in einem Format von 150 mal 110 Zentimetern direkt ins Gesicht blicken. Aus den "Objekten" von damals, die auch im Profil und Halbprofil abgelichtet wurden, würden laut Diethard Leopold in Bockelmanns Arbeiten Individuen, die aus der Anonymität der Statistik herausgehoben werden.
"Zeichnen gegen das Vergessen"
Für Leopold ist "Zeichnen gegen das Vergessen" auch eine Abwandlung des berühmten Neil-Armstrong Zitats: "Die Ausstellung ist ein kleiner Schritt für die Menschheit, aber ein großer Schritt für mich und das Leopold Museum."
Info
Manfred Bockelmann: "Zeichnen gegen das Vergessen" im Leopold Museum. 17. Mai bis 2. September. Der gleichnamige Katalog ist im Brandstätter Verlag erschienen, 192 Seiten, 19,90 Euro. www.leopoldmuseum.org. Ausstellung "Manfred Bockelmann. Werkschau" in der Galerie Frey: 24. Mai bis 22. Juli: www.galerie-frey.at.