"Valentinstag"

Letale Dreiecks- Geschichte mit Wodka

10.03.2014

Hamakom-Theater zeigt Erstaufführung von Wyrypajews Liebes-Stück.

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© Nick Mangafas
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Es beginnt wie eine nette Geburtstagsparty mit Heliumballons, russischen Blinis und Wodka und endet wie ein existenzialistisches Beziehungsdrama mit umgestürzten Blechkisten, verlorenen Träumen und einem doppelläufigen Gewehr. "Valentinstag" von Iwan Wyrypajew, das im Theater Nestroyhof Hamakom seine österreichische Erstaufführung feierte, ist eine letale Dreiecksgeschichte mit Wodka.

Russland vor Krim-Krise
Im Russland der Gegenwart, die Regisseur Frederic Lion allerdings noch ein Jahr vor Sotschi und Krim-Krise angesetzt hat und die zum Zeitpunkt der Stückentstehung gerade mal den Übergang zum 21. Jahrhundert hinter sich gebracht hatte, leben zwei Frauen, die denselben Mann lieben. Der ist zwar seit 20 Jahren tot, aber mit der einen, Katja, war er verheiratet und mit der anderen, Valentina, hatte er ein Verhältnis, das beide als die große Liebe deuteten. Der Mann, Valentin, starb ausgerechnet an Valentinas 40. Geburtstag - daher der Stücktitel "Valentinstag" - und seither leben die Frauen in einer obskuren Wohngemeinschaft und geben sich ihrer situationselastischen Hassliebe hin.

Ein Mann und zwei Frauen 
In Rückblenden lassen Gabriele Dossi als desillusionierte, aber immer noch liebende ewig Zweite und Ingrid Lang als dauerbetrunkene betrogene Ehefrau Katja die Vergangenheit aufleben, die zu einer Zeit stattfand, als die Sowjetunion zwar noch stand, aber bereits wankte. So wie das fragile Beziehungskonstrukt, das auf Missverständnissen und Lügen beruht, wie sich im Laufe des zweistündigen Abends herauskristallisieren wird.

Mit List ans Ziel
Katja hat das Paar Valentin/Valentina einst nur durch ein gefälschtes Telegramm auseinandergebracht, das davon handelte, dass Valentina einen anderen heiraten würde. Woraufhin sich der Mann in Katjas Arme stürzt, aber nie lernt, sie zu lieben. Auch nicht in einem der stärksten Momente dieses dichten Stücks, als er seiner Frau nach gestandenem Seitensprung das Gewehr an die Brust setzt und sie bittet: "Tu irgendwas, damit ich beginne, dich zu lieben!" Doch das einzige, das dem Ehepaar einfällt, ist das Licht fürs Erste abzudrehen. Nach Valentins plötzlichem Tod verfällt Katja dem Alkohol und Valentina kauft der Witwe nach und nach den ganzen Hausrat, ja sogar die Wohnung ab, um ihrem Geliebten wenigstens jetzt räumlich nahe zu sein - wenn auch nur zeitverschoben.

   Dossi, die der Rolle der nie geheirateten Geliebten und folglich an gebrochenem Herzen Leidenden dennoch eine gehörige Portion Stolz verabreicht, ist die ideale Gegenspielerin für Ingrid Lang, die mühelos zwischen naiver Ehefrau, deren Intrigen nur manchmal in den Augen aufblitzen, und abgewrackter Alkoholikerin im schmuddeligen Hochzeitskleid hin- und herwechselt. Harald Windisch verkörpert die Zerrissenheit des Valentin mit einer Intensität, die die Ausweglosigkeit greifbar macht.

Resümee
In dem von Andreas Braito gestalteten Raum, der sich allein durch Lichtwechsel und das Verschieben, Demolieren oder Umfunktionieren der Blechkisten zusammensetzt, entfaltet sich im Laufe des Abends eine Spannung, die dem starken Text gerecht wird. Nach Wyrypajews "Juli" im Wiener Schauspielhaus 2008 ist es ein willkommenes Wiedersehen mit dem 1974 geborenen russischen Autor. Ein Schuss Melancholie kommt durch Ingrid Langs Akkordeonspiel auf und hinter der Bühne dazu, Anflüge von Humor entstehen durch das bravourös gemeisterte schnelle Abwechseln von Liebe und Hass, Spaß und Ernst, Tod und Überleben.

Info
Österreichische Erstaufführung. Weitere Termine: 12. bis 15. und 18. bis 20. März, jeweils um 20 Uhr. www.hamakom.at



 
 
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