Festivalkritik
"Lovely Days": Neil Young als genialer Grenzgänger
18.08.2008
6.000 Fans erlebten am Sonntag in Wiesen das Rockkonzert des Jahres: Neil Young.
Nach geschlagenen zwei Stunden und drei Minuten, bei denen sich Altrocker Neil Young (62!) Sonntag Nacht beim Lovely Days Festival in Wiesen als zornig-brachial-genialer Jungbrunnen erwies, forderte er den verdienten Applaus der 6.000 Fans ein. Was jedoch dann, als einzige Zugabe, folgte, war schlichtweg außerirdisch: Der Beatles-Klassiker A Day In The Life als provokante Grunge-Oper, die gleichsam die Schöpfer Lennon/McCartney sowie sämtliche Musik-Revoluzzer von Vicious bis Cobain bestenfalls zu Lehrbuben degradierte. Dass Young zum Finale dieses Bombast-Epos noch sämtliche Gitarren-Saiten rissen, war logischer Schlusspunkt einer Konzert-Sensation.
Soundgewitter
Anders als bei seinem Wien-Konzert im Februar, das
er in einen Akustik- und einen Elektro-Part unterteilte, setzte Young in
Wiesen auf das volle Soundgewitter. Schon als Opener donnerte er dem
Veteranen-Publikum eine rabiate 16-Minuten-Version von Love And Only Love
entgegen. Im selbstverliebten Dauerfeedback und den Oberkörper in seltsamen
Wippbewegungen herumschleudernd. Dann ein einziges Gitarren-Riff und ein
Aufschrei der Begeisterung: Hey Hey, My My, einer der legendären Superhits,
dargeboten als zorniges Rock-Inferno – und doch reduziert auf das
Wesentlichste.
Musik in Bildern
Ein Frühstart-Furioso, das Young die folgenden
17 Songs bis zur Spitze trieb. Mal zornig-euphorisch (Cortez The Killer),
dann wieder episch-melodramatisch (Everybody Knows This Is Nowhere).
Daziwschen ein paar Takte an der Orgel (Oh, Lonesome Me), der Griff zur
Akustik-Gitarre (Needle And The Damage Done, gewaltig!) und zum Schluss doch
wieder ohrenbetäubend hymnisch: Rockin In A Free World. Diese
Stimmungs-Schwankung wurden sogar bildlich umgesetzt. Als einzigen Showgag
präsentierte ein Live-Maler zu jedem Song des Abends ein Gemälde.