A. Denoke fasziniert als 337 Jahre alte Diva in Janáceks „Sache Makropulos“.
Sie ist 337 Jahre alt. Emilia Marty, eine schöne, immer noch jugendlich wirkende Sängerin, könnte ihre Existenz um weitere 300 Jahre verlängern. Aber diese Welt der Habsucht, des Egoismus, der Geldgier will sie lieber verlassen. Sie verzichtet auf das Lebenselixier, dessen Rezept sie habhaft wurde. Sie verlässt daher die Theaterwelt des Christoph Marthaler und der Anna Viebrock. Das verstehe ich. Denn wer wollte länger in diesem kalten räumlichen Mix aus Advokatenkontor, Gerichtstribunal, Garderobengang und Aquarium verweilen?
Kompliziert
Wieder einmal bevölkern der Regisseur und seine Ausstatterin ihre bereits manieristische optische Trostlosigkeit mit pantomimischen Nebenfiguren. Denen und den lächerlich penetranten Obsessionen aller Akteure gilt die Aufmerksamkeit des Publikums, außerdem den Übertiteln. Denn das zähe Libretto (vom Komponisten) ist juristisch und historisch kompliziert. Und weil das Duo Marthaler-Viebrock auch die darin genau beschriebenen Schauplätze und Personenkonstellationen verweigert, wird das Komplizierte keineswegs erhellt.
Musikalisch ist’s allerdings ein großer Abend. Wie zuletzt Richard Strauss und Verdi profitiert auch Leos Janácek von der unvergleichlichen Klangqualität, Nuancierungskunst, emotionalen Kraft der Wiener Philharmoniker und ihres Dirigenten (diesmal Esa-Pekka Salonen). Die Besetzung ist ausgezeichnet. Vor allem Angela Denoke fasziniert, weil sie allein mit vokalen Mitteln, mit dem charaktervollen Klang ihres Soprans die vielschichtigen Empfindungen der Emilia Marty glaubhaft machen muss. Denn äußerlich bleibt sie zwei Stunden lang bloß eine attraktive Frau, die sich ihrer Wirkung bewusst ist. Auch ihr hat Marthaler die psychologisch motivierte Mutation verweigert.
Applaus
Großer Erfolg für alle Mitwirkenden, kein Widerspruch.