Interview

"Man steht ständig unter Beobachtung"

12.01.2012

Angelika Kirchschlager: Premiere und Internet-Unbehagen.
 

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© Lilli Strauss/dapd
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Die weltberühmte Salzburgerin Angelika Kirchschlager singt an der Wiener Staatsoper in Brechts „Mahagonny“. Premiere: 24. 1.

ÖSTERREICH: Wie schwierig ist es, Brecht zu singen?
A. Kirchschlager:
Mahagonny ist eine richtige Oper. Das merken wir Sänger auch daran, dass wir uns schon ordentlich plagen müssen. Das Orchester ist nicht klein, das macht ordentlich Lärm, da muss man schon drüber blasen.

ÖSTERREICH: Wie wird die Inszenierung?
Kirchschlager:
Unsere Produktion wird eine sehr farbige. Herrliche Kostüme, grell und schön. Das Orchester spielt fantastisch …

ÖSTERREICH: Sie verkörpern die Partie der Jenny …
Kirchschlager:
Ich bin von der Hosenrolle zur Prostituierten gewechselt. Der Sprung war relativ heftig (lacht) … Meine Jenny wird aber kein hüftschwingendes, lustiges, sexy Girlie. Sie ist ein Outsider, und sie hat Durchblick. „Denn wie man sich bettet, so liegt man“ – das ist ihr Credo.

ÖSTERREICH: Haben Sie neue Tourneepläne? Amerika vielleicht?
Kirchschlager:
Nein – also schon gar nicht Amerika! Und schon gar nicht Oper in Amerika (lacht)! Es ist mühsam, einzureisen, und es ist mir zu weit weg. Im Übrigen finde ich meine künstlerische Befriedigung in Kammerkonzerten, Orchesterkonzerten und Liederabenden mit Kollegen, die ich gerne mag.

ÖSTERREICH: Salzburg lassen Sie heuer aus …
Kirchschlager:
Ja, und das passt gut in meinen Lebensplan. Ich möchte in Ruhe arbeiten. Je weniger ich unter Beobachtung stehe, desto besser. Im Internet-Zeitalter muss man ja davon ausgehen, dass in jedem Konzert einer mit dem Handy sitzt und die Aufnahmen zwei Stunden später ins Netzt stellt. In einer grauenhaften Qualität. Für anonyme Betrachter, die mit einer Weinflasche zu Hause sitzen und in Wahrheit nur Hoppalas suchen.

ÖSTERREICH: Facebook- und Twitter-Fan sind Sie vermutlich nicht.
Kirchschlager:
Ich habe mich in einem Anfall von Wahnsinn bei Facebook angemeldet – hab’ das aber schnell wieder aufgegeben. Twitter ist überhaupt das Ärgste! Ich hab’ auch keinen Anrufbeantworter mehr.

ÖSTERREICH: Thomas Quasthoff, mit dem Sie viel gearbeitet haben, hat seine Sänger-Karriere aufgegeben …
Kirchschlager:
Ich hab’ gestern mit ihm telefoniert – ich wollte wissen, ob es ihm nach diesem Wahnsinnsschritt gut geht: Es geht ihm sehr gut!

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