Nach Feuchtgebiete
Manneswehen: Alles übers beste Stück
06.07.2009
Neues Buch befasst sich mit männlichen Genitalleiden
Es war nur eine Frage der Zeit: Nach dem einschlagenden Erfolg von Charlotte Roches "Feuchtgebiete", die unter anderem Einblicke in die intimen Zonen der Frauen gewähren, war das andere Geschlecht am Zuge. Etwa eineinhalb Jahre später hat nun Bruno Preisendörfer ("Die letzte Zigarette") mit "Manneswehen" einen Roman vorgelegt, der Frauen eine den meisten wohl in diesen Einzelheiten kaum bekannte Perspektive des männlichen Genitalbereichs eröffnet.
Alles über unter der Gürtellinie
Max Vola ist
derjenige, welcher über seine Wehwehchen unterhalb der Gürtellinie schmerz-
und lustvoll plaudert und neben Binsenweisheiten auch detailliertes
medizinisches Fachwissen offenbart. Kein Wunder, ist doch seine
Lebensgefährtin Ärztin. Genauer gesagt, ist Helen Gynäkologin, was mit der
Angelegenheit ihres Mannes allerdings wenig zu tun hat und auch im
Romangeschehen eine eher untergeordnete Rolle spielt.
Vasektomie löst Probleme aus
Max und Helen entschließen sich
zur Kinderlosigkeit. Nachdem sie alle möglichen Verhütungsmethoden mit mehr
oder weniger großem Vergnügen ausprobiert haben, ist Max reif für eine
Vasektomie. Als aufgeklärter und moderner Mann weiß er natürlich, dass eine
Durchtrennung der Samenleiter weder ein großer, noch schwieriger Eingriff
ist. Dass er dennoch Probleme im Vorfeld und noch größere im Nachhinein
bekommt, hat er sich selbst zuzuschreiben.
Sinnieren in der Eierschaukel
Nun sitzt Max in seiner
Eierschaukel, wie er und Helen den selbstgebastelten Notsitz bezeichnen. Er
kommt ohne fremde Hilfe nicht mehr heraus, weil jede Bewegung seinen
blauschwarz-grüngelb gefärbten und geschwollenen Hoden höllisch wehtut. Und
da Helen arbeitet, sinniert er in seinem Hängesessel gezwungenermaßen über
das Leben, die Liebe und viele andere Dinge, die die Welt bewegen und die
vor allem mit einem zu tun haben: seinen Kronjuwelen.
Mitgefühl und Schadenfreude
Jeder weiß, wie genussvoll das
Leid anderer sein kann. Und so verfolgt man voller Mitgefühl und
Schadenfreude seine wirklich sehr komisch geschilderten Erinnerungen in der
Eierschaukel, die mit einem erzwungenen Ejakulationsstau beginnen und mit
einem beinahe vergeblichen Versuch, auf dem sterilen Klo der Arztpraxis eine
Samenspende aus seinem besten Stück herauszuschütteln, auf einen ersten
Höhepunkt zusteuern. Weitere folgen.
Nichts für Zartbesaitete
Dezent ist das Buch nun wirklich
nicht und daher nichts für Zartbesaitete. Eher "von verwegener Offenheit",
wie der herausgebende Eichborn Verlag verspricht. Man kann das auch
übersetzen mit deftiger, aber durchaus üblicher Umgangssprache, die zwar
nicht klinisch rein, aber auch nicht bakteriell verseucht ist. Und die zum
Dauergrinsen animiert, trotz minimalistischer Story.
Verkaufswert
Preisendörfers "Manneswehen" werden ebenso wie
seinerzeit die "Feuchtgebiete" sicher nicht auf ungeteilte Zustimmung
treffen. Aber da vieles, was vor wenigen Jahrzehnten noch als Tabu galt,
meist einen beachtlichen Verkaufswert besitzt, darf sich der Autor hoher
Umsatzzahlen wohl gewiss sein.
Bruno Preisendörfer: Manneswehen. Eichborn Verlag, Frankfurt am Main. 170 S., 17,50 Euro, ISBN 978-3-82186103-6