Am 26. September wird der Literaturpapst in Frankfurt beigesetzt.
Der berühmteste Kritiker der deutschsprachigen Literatur ist tot. Marcel Reich-Ranicki starb am 18. September in Frankfurt im Alter von 93 Jahren. Dies teilte die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" mit, für die er lange arbeitete. Der scharfzüngige "MRR", der in Polen als Sohn einer jüdischen Familie geboren wurde, wuchs in Berlin auf. Zusammen mit seiner Frau überlebte er das Warschauer Ghetto und kehrte 1958 nach Deutschland zurück, wo er sich allmählich als Literatur-Kritiker etablierte. Zu letzt wurde er al Literaturpapst des deutschsprachigen Raums gefeiert. Nach seinem Tod trauert man weit über die deutschen Grenzen hinaus um dem Ausnahme-Literaten. Am 26. September, nur knapp eine Woche später, nach seinem Ableben, finden nun die Trauerfeierlichkeiten statt.
Zitate von und zu Reich-Ranicki
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Über Literatur
"Viele Autoren und Kritiker hegen ein Misstrauen gegen unterhaltsame Literatur. Ich sage stattdessen: Literatur darf nicht nur unterhaltsam sein, sie muss es sogar!" (im "Focus", 2010)
Über Literatur
"Ohne Eitelkeit gibt es kein Schreiben. Egal, ob Autor oder Kritiker - Eitelkeit muss dabei sein. Sonst entsteht nichts. Thomas Mann war wahnsinnig eitel, Richard Wagner auch, und Goethe und natürlich Schiller. (in "Die Weltwoche", 2009)
Über Schriftsteller
"Manchmal ist eine Schreibblockade für die Leser ein Segen, das wollen wir nicht vergessen." (im "Literarischen Quartett" am 15. Dezember 1994)
Über Schriftsteller
"Seine letzten Bücher sind so misslungen, dass er jetzt kaum noch Chancen auf den Nobelpreis hat." (vor der Vergabe des Nobelpreises an Günter Grass, 1997)
Über Schriftsteller
"Wenn ein deutscher Schriftsteller ihn erhalten sollte, und dies habe ich schon vor Jahren immer wieder gesagt, dann ist Grass der Richtige gewesen." (zur Vergabe des Nobelpreises an Günter Grass, 1999)
Über Schriftsteller
"Er verübelt Juden, dass sie überlebt haben. Das ist durchaus kein Antisemitismus, das ist schon Bestialität." (in "Die Welt" über das Buch "Tod eines Kritikers" von Martin Walser. Nach einer Klage des Schriftstellers musste Reich-Ranicki diese Äußerung von 2005 formal zurücknehmen)
Über sich selbst und seine Arbeit
"Ich habe die Entscheidung nie bedauert, mich in diesem Land niederzulassen." (bei der Verleihung des Großen Verdienstkreuzes mit Stern, 2002)
Über sich selbst und seine Arbeit
"Die Angst vor der deutschen Barbarei, das habe ich auch in meiner Autobiografie geschrieben, hat mich ein Leben lang begleitet." (in "Frankfurter Allgemeine", 2009)
Über sich selbst und seine Arbeit
"Aufrichtigkeit ist die erste Pflicht des Kritikers." (in der Talkshow "Menschen bei Maischberger", 2004)
Über sich selbst und seine Arbeit
"Jede Kritik, die es verdient, eine Kritik genannt zu werden, ist auch eine Polemik."
Über sich selbst und seine Arbeit
"Der Kritiker ist kein Richter, er ist der Staatsanwalt oder der Verteidiger." (Reich-Ranicki im "Literarischen Quartett" am 15. Dezember 1994)
Andere über Marcel Reich-Ranicki
"Wir haben ja zwei polnische Päpste. Der eine, in Rom, meint unfehlbar in Fragen sexueller Praxis zu sein. Ich habe da meine Zweifel. Der andere, in Frankfurt, meint unfehlbar im Urteil über Literatur zu sein. Auch da habe ich meine Zweifel." (Günter Grass, 1995)
Andere über Marcel Reich-Ranicki
"Liest der Mann nicht, oder ist er dumm?" (Erich Loest nach der Behauptung Reich-Ranickis, in Deutschland gebe es seit 30 Jahren keine politische Literatur, 1997)Andere über Marcel Reich-Ranicki
Andere über Marcel Reich-Ranicki
"Wir Autoren nehmen Reich-Ranicki als Kritiker nicht mehr ernst, aber wir fürchten seine Macht." (Ulla Hahn zur Kritik Reich-Ranickis an ihrem Buch "Das verborgene Wort", 2001)
Andere über Marcel Reich-Ranicki
"Die Fehde der großen alten Männer ist vielleicht die letzte finale Fehde einer untergehenden Generation." (Norbert Kron in "Die Welt" zum Konflikt zwischen Reich-Ranicki und Walser, 2002)Andere über Marcel Reich-Ranicki
Andere über Marcel Reich-Ranicki
"Wenn sich Deutschland heute noch als Kulturnation begreifen kann, dann haben Sie daran ein großes Verdienst - ja, Sie verkörpern auf Ihre Art diese Kulturnation." (Bundespräsident Horst Köhler zum 85. Geburtstag Reich-Ranickis, 2005)
Marcel Reich-Ranicki über seine Ehefrau
"Als meine Frau und ich uns mit zwanzig Jahren kennengelernt haben, war es sehr unwahrscheinlich, dass wir überleben. Wenn wir uns vorgestellt haben, wie wird das sein, wenn wir achtzig sind ... oh Gott! Aber neunzig? Neunzig! Schrecklich, schrecklich." (in einem Interview zu seinem 90. Geburtstag mit der Wochenzeitung "Die Zeit" am 27. Mai 2010)
Marcel Reich-Ranickie über seine Ehefrau
"Meine Frau konnte sich nie vorstellen, dass sie mich allein lässt. Und ich konnte mir nie vorstellen, dass ich sie allein lasse. Und so sind 67 Jahre vergangen." (am 28. Oktober 2007 zur "Bild am Sonntag")
Marcel Reich-Ranickie über seine Ehefrau
"Sie hat mein Leben gerettet. Und ich habe ihr Leben gerettet." (am 24. August 1999 in der "Bild"-Zeitung)
Teofila Reich-Ranicki über ihren Ehemann
"Er ist der Chef. Aber ich nehme das nicht so ernst." (am 29. Jänner 1998 in einem Interview mit der Zeitschrift "Bunte")
Literatur-Szene nimmt Abschied
Der Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki wird am kommenden Donnerstag auf dem Frankfurter Hauptfriedhof beigesetzt. Die Trauerfeier beginnt um 15 Uhr, wie die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" am 19. September der dpa mitteilte. Viele seiner Weggefährten werden bei seinem letzten Gang sicherlich dabei sein, und Abschied von Reich-Ranicki nehmen.
Reich-Ranicki - Ein Erfolgsgarant
Einem Millionenpublikum wurde der Kritiker vor allem mit der ZDF-Sendung "Das Literarische Quartett" bekannt, die er seit 1988 fast 14 Jahre lang moderierte. Neben zahlreichen anderen Büchern veröffentlichte "MRR" 1999 seine Autobiografie "Mein Leben", die zum Bestseller wurde. Das Buch wurde nach Verlagsangaben mehr als 1,2 Millionen Mal verkauft. Nach seinem Tod werden die Verkaufszahlen sicher weiter steigen, denn das Interesse an seiner Person und seinem Schaffen wird auch durch sein Ableben nicht weniger werden.