In seinem neuesten Werk prangert der Filmemacher den Kapitalismus an.
"Menschen, die zu anderen nicht gut sind, müssen gestoppt werden", forderte der amerikanische Filmemacher Michael Moore bei einem Pressegespräch zu seinem neuen Film "Capitalism: A Love Story" am Lido. Wie schon bei seinem oscargekrönten Werk "Bowling for Columbine" oder seinem letzten Film "Sicko" prangert der streitbare Polemiker wieder die Missstände der Welt an und zeigt diesmal die dunklen Seiten des Kapitalismus. Der Film läuft bei den 66. Filmfestspielen von Venedig im Wettbewerb.
"Weiß nur was ich sehe"
"Ich bin kein Ökonom, ich
weiß nur was ich sehe", sagte Michael Moore vor einer Journalistenrunde am
Lido von Venedig. In seinem neuen Werk rechnet der Filmemacher vor: "Alle
siebeneinhalb Sekunden werden in den USA Menschen aus ihren Wohnungen
delogiert." Investmentbanker reden den Menschen die obstrusesten
Refinanzierungssysteme ein, durch die sie dann ihre Bleibe verlieren. Und
das ist erst der Anfang vom Ende.
Besonders gut und schwungvoll ist Moore diesmal der Einstieg in das komplexe Thema gelungen. Direkt wird der Zuseher von einem Sprecher motiviert dranzubleiben, im nächsten Schnitt sieht man Szenen aus einer Überwachungskamera und Bankräuber, die Geld zusammenraffen. Wahrscheinlich weil sie wohl zu jenen 50 Prozent gehören, denen laut Michael Moore bald nichts mehr anderes übrig bleibt in ihrem "täglichen Kampf ums Überleben", als eine Bank auszurauben.
Medikamente nicht leistbar
"Das Gesundheitswesen sollte nicht dem
Profit ausgesetzt sein", sagte Moore beim Pressegespräch. In den USA könnten
sich Millionen Menschen keine Medikamente leisten und sterben dann nicht
wegen der Schwere der Krankheit, sondern den nicht leistbaren Medikamenten.
Ein Menschenleben sei den Firmen in den USA nicht viel wert, wird im Film
erläutert. Dubiose Versicherungsspekulationen machen Arbeiter für die
Großbanken oder Kaufhausketten wertvoller, wenn sie tot sind.
"Kapitalismus ist ein System des Nehmens und Gebens, meist des Nehmens", formuliert Moore in seinem provokativen und plakativen Essay, der zu einer Abrechnung mit Banken und Konzernen gerät. Die sanfte Differenzierung ist nicht unbedingt Moores Ding, vielmehr stellt er enteignete Familien und schlecht bezahlte Arbeiter undurchsichtigen Kreditgebern und Wirtschaftsbossen gegenüber.
Heilsbringer Obama
Am Ende wird Barack Obama als großer
Hoffnungsträger präsentiert und die Macht des Volkes propagiert. "Einer
meiner glücklichsten Tage war, als Barack Obama den Präsidenten von General
Motors rausgeschmissen hat", freute sich Michael Moore in dem
Pressegespräch. Beim Anblick der versammelten Medien verspricht er, auch in
den nächsten Tagen am Lido Tageszeitungen möglichst viele Interviews zu
geben. "Denn viele wird es schon im nächsten Jahr nicht mehr geben", setzte
er nach.
"Es ist der perfekte Date-Film. Er hat alles - Lust, Leidenschaft, Romantik und 14.000 Jobs, die jeden Tag gestrichen werden", scherzte Moore. Sein knapp zweistündiger Wettbewerbsbeitrag ist ein pointierter, wenn auch etwas langatmiger Rundumschlag gegen kapitalistische Auswucherungen in den USA. Vom Stil her hat sich nichts geändert, die schnellen Schnittsequenzen - zumeist unterlegt von dramatischer Musik - sind aus den Vorgänger-Filmen bekannt. Und dennoch: In der schonungslosen Kritik steckt auch viel Wahrheit, wie ab 13. November in Österreich im Kino überprüft werden kann.