"Globe Wien" vor dem Start

Niavarani auf Spuren Shakespeares'

16.09.2014

Am 7. Oktober wird in Marx Halle mit "Richard III." neues Theater eröffnet.

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© Harald Artner, TZ ÖSTERREICH
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Braucht Wien ein neues Theater? Die meisten würden das wohl verneinen. Georg Hoanzl und Michael Niavarani ist das egal. Schließlich haben die beiden als Kabarett-Impresario und Verleger der erfolgreichsten heimischen DVD-Edition bzw. als Kabarettist, Schauspieler und Autor zur Genüge bewiesen, dass sie einen Riecher dafür haben, was Menschen mögen. Deshalb eröffnet am 7. Oktober das "Globe Wien".

Keine Subventionen
Es handle sich keineswegs um ein raffiniertes Steuer-Abschreib-Modell, versichert Niavarani im Gespräch mit der APA. "Es ist genau umgekehrt wie im Musical 'Producers': Wenn's kein Erfolg wird, wird's sehr teuer. Wenn's ein Erfolg wird, geht es sich gerade aus." Rund 600.000 Euro sollen Hoanzl und Niavarani in das "Globe Wien", das in der Marx Halle im ehemaligen Schlachthof-Areal in Wien-Landstraße errichtet wurde, gesteckt haben. "Die zwei sind nicht mehr auffindbar, seit die ersten Rechnungen eingetroffen sind", lacht der Neo-Theaterdirektor, der "noch nie um Subvention angesucht" hat.

"Ich glaube, wenn man die Pflicht erfüllt, die Theaterbesucher nicht zu langweilen, braucht man gar nicht so viel Subvention. Wenn man aber Produktionen macht, bei denen der Steuerzahler zuerst die Produktion gezahlt hat, dann sich eine Karte kauft und sich dann auch noch langweilt, verstehe ich, wenn der Steuerzahler sagt: Wozu eigentlich? Leute zu langweilen ist keine Kunst, das geht sehr schnell. Das kann jeder!" Im "Globe Wien" wird dem Publikum daher ein E für ein U vorgemacht, soll Shakespeares Tragödie "Richard III." so erzählt werden, dass sie zwar grausam, aber dennoch zum Lachen ist: "Erst, was wirklich tragisch ist, ist richtig komisch."

In der Vorwerbung für das von Vicki Schubert inszenierte Stück liest sich das so: "An diesem Abend garantieren wir: Mehrere Morde. Folter. Drei Huren. Zwei kleine Prinzen im Tower. Einen Heiratsantrag. Eine alte, grantige Königin. Viel englischen Wein. Einige Biere. Eine feuchte Pflaume. Eine verzweifelte Flucht. Ein Stück trockenes Brot. Eine Schlacht bei Bosworth. Echtes Theaterblut. Drei abgeschnittene Köpfe. Ein Gebet zu Gott, dem Herrn. Einige gut gekleidete Edelleute. Dreckige Fingernägel. Und eine Liebeserklärung an die Freundschaft."

Späte Entdeckung
Er habe "lange versucht, mich an Shakespeare vorbeizuschummeln" und erst vor zwei Jahren entdeckt, wie spannend und modern die Stücke des Elisabethaners seien, erzählt Niavarani, der zuletzt mit der Agenten-Klamotte "Die Mamba" im Kino erfolgreich war. Beim Lesen von "Richard III." sei ihm jene Szene haften geblieben, in der Richard auf dem Weg zur Macht seinen Bruder Clarence im Tower durch zwei gedungene Mörder umbringen lässt. "Ich habe mich in diese beiden Figuren verliebt. Die Zwei sind für mich die Hauptdarsteller, weil sie die einzigen sind, die moralisches Empfinden haben." In seiner Fassung lässt er nun das Ende der Rosenkriege von ihnen erzählen. Logisch, dass er einen der beiden spielt, den Schuster William Forrest, der unschuldig in Intrigenküchen und Blutbäder stolpert.

Kein Bühnenbild
Die Fantasie der Zuschauer soll dabei ordentlich auf die Probe gestellt werden: "Ich habe mir gedacht, es wäre cool, einmal ohne Bühnenbild zu spielen, so wie im Elisabethanischen Theater." Der Witz dabei: Um sich das Bühnenbild zu sparen, wurde in eine der Rinder-Hallen mit einem aufwendigen Einbau das Globe nachempfunden. Für den Bühnenbau hat man die Bundestheater-Profis von ART for ART Theaterservice GmbH engagiert.

Für das Shakespeare-Projekt ruht einstweilen das neue Kabarettprogramm des 46-Jährigen. "Homo idioticus" sei "eine Kulturgeschichte des Trottels", erläutert Niavarani: "Ich frage mich darin, warum denn die Menschheit zu 99,9 Prozent aus Trotteln besteht." Das "typische Stand Up-Programm mit kleinem dramaturgischen Bogen" hatte bereits vor dem Sommer 20 Einspielvorstellungen in den Bundesländern und im "Simpl", wo sich der einstige künstlerische Leiter an der Seite von Geschäftsführer Albert Schmidleitner aus dem Tagesgeschäft zurückgezogen hat: "Ich komme nur zur Premiere und winke in die Kamera, so wie es die Königin von England macht." Das Einspielen sei für ihn unbedingt notwendig, da er Programm und Ablauf immer wieder adaptiere. "Am liebsten mache ich 20 Einspielvorstellungen, eine Premiere und dann gleich die letzte Vorstellung", lacht Niavarani. "Denn es gibt nichts Langweiligeres als ein fertiges Kabarettprogramm - jedenfalls für den, der oben steht."
Vorläufig hängt jedenfalls der für Ende 2014 oder Frühjahr 2015 ins Auge gefasste Starttermin vom Erfolg oder Misserfolg von "Richard III." ab.

Buch-Erfolg
Apropos Erfolg: Seit 2010 ist Michael Niavarani auch höchst erfolgreicher Buchautor. Seit seiner originellen und keineswegs oberflächlichen "persischen Familiengeschichte" namens "Vater Morgana" hat man den Verdacht, dass in dem Tausendsassa ein gescheiter Mensch steckt, der sich dumm stellt: "Das ist die Pflicht des Komikers", sagt "Nia": "Man kann als Kabarettist nur der Blöde sein, alles andere ist unspannend und langweilig. Das wäre ja ein Vortrag und kein Kabarett. Das Komische ist ja das Scheitern an den Dingen. Woody Allen würde ja auch keine Filme machen über funktionierende Beziehungen..."

Die Autorenkarriere wird sicher fortgesetzt. "Am liebsten würde ich als nächstes einen historischen Roman schreiben. Ich habe schon einiges recherchiert, würde mich aber gerne noch einige Jahrzehnte im Recherchieren verzetteln und alte Bücher kaufen." Es geht um die wahre Geschichte eines englischen Abenteurers, der Ende des 16. Jahrhunderts durch Europa gezogen ist und den christlichen Herrschern eine Allianz mit Persien gegen die Türken vorgeschlagen hat - in Wirklichkeit aber kein Gesandter, sondern ein Gauner war. Aber auch die Geschichte seiner aus Persien stammenden eigenen Familie ist noch nicht ganz ausgeschöpft: "Es gibt noch eine sehr lustige Episode aus den 70er-Jahren, als meine zwei Großtanten und meine Großmutter von Teheran nach Europa reisten, um ihre Söhne zu besuchen, dabei aber weder Schilder lesen noch irgendeine Sprache außer Persisch sprechen konnten. Wir haben Tränen gelacht, als meine Großmutter diese Geschichte erzählt hat."

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