Gefeierte Premiere
"Nacht in Venedig" betörte Volksoper
15.12.2013
Johann-Strauß-Klassiker im Commedia-dell'Arte-Gewand wurde umjubelt.
Venedig muss nicht mit Tod und Trauer tragenden Gondeln daherkommen, sondern kann auch mit Brusthaartoupet und Haifischflossen aufwarten, was am Samstagabend (14. Dezember) die Neuinszenierung von Johann Strauß' "Eine Nacht in Venedig" an der Wiener Volksoper unter Beweis gestellt hat. Regisseur Hinrich Horstkotte verpasst dem Operettenklassiker eine ordentliche Prise Klamauk, was das Publikum goutierte.
Tradition der Commedia dell'Arte
Die nahezu kindliche Albernheit des Spiels um die Nacht des Karnevals in der Lagunenstadt samt amouröser Verwicklungen gemahnt an die frühen Peter-Alexander-Klamotten, auf deren infantilen Charme man sich einlassen muss, um wahre Preziosen zu entdecken. Horstkotte, der in Personalunion auch für Bühne und Kostüme verantwortlich zeichnete, setzt dabei deutlich auf die Tradition der Commedia dell'Arte, um das Spiel der Herzöge und Diener, der gewieften Fräuleins und dümmlichen Alten in Szene zu setzen.
Anfang ein wenig verpatz
Im langen ersten Akt gelingt dem Regisseur jedoch mit statischem Jahrmarkttheater nicht, Bewegung ins Geschehen zu bringen. Einige gegenläufige Wellenschablonen, zwischen denen hinweg Schwimmer und Haifischflossen gleiten, reichen da nicht aus. In den zwei folgenden Akten steigert sich die Inszenierung dann aber gewaltig. Mit allerlei Einfällen gelingt es Horstkotte, die Dynamik der absurden Begegnungen in eine Bühnenenergie zu übersetzen. Da fährt in der Projektion auch mal die Gnommörderin aus "Wenn die Gondeln Trauer tragen" über die Lagune oder macht das Kreuzfahrtschiff "Costa Quanta" am Markusplatz halt.
Orchester glänzte
"Verbooten Swimmen" warnt unterdes ein Schild im Orchestergraben das Publikum. Das Volksopernorchester unter Alfred Eschwe kam dabei über den Abend hinweg jedenfalls nicht ins Schwimmen, sondern hielt sich die ganze Zeit ordentlich über Wasser. Streckenweise mit Italianita dirigierend, errichtete Eschwe allerdings für einen guten Teil des Ensembles gleichsam eine unüberwindliche Schallwand, deren Durchdringung nur wenigen möglich war. Einzig Vincent Schirrmacher als frauentoller Herzog mit Dschingis-Khan-Outfit und privatem Haifischbecken schaffte es mit tadelloser Stimmführung souverän übers Orchester.
Sänger begeisterten
Jörg Schneider als Diener Caramello fehlt es hingegen an Strahlkraft. Er bot gemeinsam mit Mara Mastalir als patente Annina mit Wiener Einschlag immerhin ein charmantes Dienerpaar im Dauerclinch, dem sich eine spielfreudige Johanna Arrouas als naive Ciboletta hinzugesellte. Sera Göschs Sprechstimme erinnerte bei ihrem Rollendebüt als Senatorengattin Barbara hingegen an das Timbre der reifen Marika Rökk - beim Sprechen. Alles in allem ist diese "Nacht in Venedig" etwas für diejenigen, die beim Karneval mehr die Unterhaltung denn die erotische Verwicklung suchen.
Info
"Eine Nacht in Venedig" an der Volksoper, Währinger Straße 78, 1090 Wien. Regie/Bühnenbild/Kostüme: Hinrich Horstkotte, Dirigent: Alfred Eschwe. Mit Vincent Schirrmacher: Herzog Guido, Mara Mastalir: Annina, Jörg Schneider: Caramello, Johanna Arrouas: Ciboletta, Michael Havlicek: Pappacoda, Wolfgang Hübsch: Bartolomeo Delacqua, Gerhard Ernst: Stefano Barbaruccio, Franz Suhrada: Giorgio Testaccio, Regula Rosin: Agricola, Sera Gösch: Barbara, u.a. Weitere Aufführungen am 18., 21., 26. und 30. Dezember sowie am 4., 9., 17. und 21. Jänner. www.volksoper.at