1966 holte er den Song-Contest-Sieg. Jetzt greift Udo das Lied von Nadine an
Comeback. Mit 76 Jahren … Udo Jürgens ist gefragter denn je: Seine neue CD Der ganz normale Wahnsinn stürmte bis auf Platz zwei der Pop-Charts. Ab Februar geht er auf Abschiedstour, und dank Nadine Beiler wird unsere einziger Song-Contest-Sieger (1966) wieder europaweit zum Thema. Heute ist er bei Stöckl am Samstag im TV (ORF 2, 16.05 Uhr) zu Gast. Am Donnerstag bei Willkommen Österreich. Am Ostersonntag gibt’s Jürgens im Frühstück bei mir auf Ö3, und heute von 9 bis 11 Uhr ist er in einem Antenne Wien-Spezial zu hören. ÖSTERREICH bringt das Interview dazu:
ÖSTERREICH: 1966 gewannen Sie als einziger Österreicher den Song Contest – jetzt tritt Nadine Beiler an …
Jürgens: Ich bin sehr beeindruckt von ihrem Song, verstehe aber nicht, warum wir einen englischen Song nehmen. Ich finde das ideenlos. Man hätte den Mut haben müssen zur deutschen Sprache. Es ist schade, alles auf Englisch machen zu wollen, denn das hat ja mit unserer Kultur gar nichts zu tun.
ÖSTERREICH: Hätte Nadine mit einem deutschsprachigen Song mehr Chancen?
Jürgens: Ich denke schon! Ich habe das damals ja raffinierter gemacht, mit einem französischen Titel, Merci Chérie, und deutschem Text. So eine Idee hätte wieder funktioniert, und Österreich hätte das jetzt auch so machen sollen.
ÖSTERREICH: Ihre Song-Contest-Erinnerung?
Jürgens: Vor meinem Sieg hatte die Bild-Zeitung die Schlagzeile „Udo Jürgens ohne Chance“ – daraufhin hat mein Manager alle Zeitungen aufgekauft, damit ich das ja nicht lesen kann. Solch ein vernichtendes Urteil hätte mich vor dem Auftritt vollkommen verunsichert, denn mein Selbstbewusstsein ist nicht das allergrößte.
ÖSTERREICH: Was brachte Ihnen der Song Contest?
Jürgens: Die ganze Welt von Japan bis Amerika hat sich plötzlich für mich interessiert. Erfolgreich war ich jedoch nicht mit meinem Siegerlied, sondern mit Warum nur, warum?, mit dem ich 1964 „nur“ Fünfter wurde. Das schaffte Platz eins in den USA.
ÖSTERREICH: Warum nennen Sie Ihre neue CD gerade „Der ganz normale Wahnsinn“?
Jürgens: Wir sind umgeben vom ganz normalen Wahnsinn. Der Wahnsinn ist längst Normalität geworden, egal ob wir nun nach Japan sehen oder die Internet-Vernetzung der Welt hernehmen. Das sind alles sehr beängstigende Zustände.
ÖSTERREICH: Was beängstigt Sie am Internet?
Jürgens: Facebook ist eine Katastrophe, davor kann ich nur warnen! So harmlos kann eine Statusmeldung gar nicht sein, dass sie nicht irgendwann einmal gefährlich wird!
ÖSTERREICH: Mit 76 Jahren wirken Sie vitaler denn je. Wie machen Sie das?
Jürgens: Indem ich nicht darüber nachdenke. Ich weiß genau, wie alt ich bin, und fühle dieses auf mich zukommende Alter mit einem gewissen Schmerz.
ÖSTERREICH: Denken Sie da ans Aufhören?
Jürgens: Ich bin eigentlich ein fauler Mensch, nur habe ich noch so viele Ideen, die ich verwirklichen will. Ich habe festgestellt, dass ich mich wohler fühle, wenn ich geistig werke als ruhe. Nach zwei Tagen Stillstand fühle ich mich schon überflüssig.