Der neue Roman des Autors ist an Spannung kaum zu überbieten.
Kann das Geständnis des Serientäters Travis Boyette den Todeskandidaten Donte Drumm in letzter Minute noch vor der Giftspritze retten? Reverend Keith Schroeder, dem der mehrfach vorbestrafte und derzeit unter Bewährungsauflagen freie Boyette die Vergewaltigung und Ermordung eines jungen weißen Mädchens beichtet, schwankt zwischen Gesetzestreue und humaner Verantwortlichkeit. Um die in wenigen Tagen angesetzte Hinrichtung des Schwarzen Drumm noch stoppen zu können, müsste er mit Boyette den Bundesstaat Kansas verlassen und damit gegen dessen Bewährungsauflagen verstoßen. "Das Geständnis" versetzt sowohl den Reverend als auch den Leser des gleichnamigen neuen Romans von John Grisham von Beginn an unter Starkstrom.
Vertraute Pfade
Mit dem Thriller betritt der amerikanische Erfolgsautor ("Die Jury", "Die Firma", "Die Akte") wieder vertraute Pfade, nachdem er sich zwischenzeitlich den Genres Sachbuch und Erzählungen zugewandt hatte. Fast alle seiner weltweit über 250 Millionen verkauften Bücher beschäftigen sich mit dem Thema Justiz. Das Justizwesen in den USA geht nach Ansicht des studierten Juristen Grisham über Leichen. Und so ist der neue Roman einmal mehr ein Plädoyer für die Abschaffung der Todesstrafe. Schlampige Ermittlungen, korrupte Polizisten, Anwälte und Politiker, erzwungene Geständnisse, Unterschlagung von Beweismitteln, Rassendiskriminierung - all das hat erwiesenermaßen in den USA schon zu zahlreichen Justizirrtümern geführt.
Schwierige Entscheidung
Die Geschichte hat eine besondere Struktur: Es gibt keinen Spannungsbogen im eigentlichen Sinn. Allein dadurch, dass der unschuldige Drumm in vier Tagen die Giftspritze erhalten soll und eigentlich nur noch durch Boyettes Aussage gerettet werden kann, wird der Leser von Beginn an unter Strom gesetzt. Die schwierige Entscheidung des Reverend, die zweifelhafte Glaubwürdigkeit Boyettes, eine Menge misslicher Begleitumstände und die verzweifelten Kraftanstrengungen des Drumm-Anwalts Robbie Flak sind schweißtreibend.
Typisch
"Das Geständnis" ist ein typischer Grisham. Ein wenig könnte man meinen, der Autor von bisher 22 kommerziellen Erfolgen schreibt sich selbst ab. Auch im Sachbuch "Der Gefangene" ging es um einen Justizirrtum und den Versuch, den Todeskandidaten kurz vor seiner Hinrichtung freizubekommen. Etliche andere Thriller drehten sich ebenfalls stets um Recht und Gerechtigkeit, Korruption und Manipulation durch Exekutive, Legislative und Judikative. Die Thematik ist oft ähnlich, die Herangehensweise aber nicht. Im Episodenbuch "Das Gesetz" schildert Grisham minuziös die Hinrichtung eines Mörders, ähnlich wie im "Geständnis". Aber sind dort Ironie und Sarkasmus stilistische Hauptmittel, sind es hier die Spannung fördernde Emotionalität und Nüchternheit im ständigen Wechsel. Allen Werken gemein ist das humanitäre Anliegen. Und das lässt auch im neuen Grisham manche Schwarz-Weiß-Malerei und den einen oder anderen unfertigen Charakter nebensächlich erscheinen.
"Das Geständnis" von John Grisham, Heyne Verlag, 528 Seiten, 22,70 Euro.