Dirigent als Meisterkoch

Neujahrskonzert: Welser-Möst zündet präzise

01.01.2013

Franz Welser-Möst in Höchstform: Urenkelin von Josef Strauß im Publikum.

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Lässt man Franz Welser-Möst ein Feuerwerk zünden, muss man sich keine Sorgen machen. Der gebürtige Linzer handelt stets wohlüberlegt und bestens vorbereitet – was am Pult zu seinem Markenzeichen geworden ist. Bereits zum zweiten Mal nach 2011 hatte der Musikdirektor der Wiener Staatsoper die Chance, beim Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker sein Bild von Strauß’scher Walzerseligkeit zu malen. Er bewies sich dabei abermals als feingeistiger Klangästhet, der dennoch für genug Zund im "Goldenen Saal" des Musikvereins sorgen kann. Im Wagner- und Verdi-Jahr kein Fehler.

Höhepunkte
Dass Welser-Möst seine perfektionistische wie asketische Vorstellung von Musik auch bei diesem Neujahrskonzert fortsetzte, bewies er bereits mit der Polka schnell von Josef Strauß, „Die Soubrette“, mit der er lyrisch und furios zugleich den Auftakt gestaltete. Und was vor zwei Jahren noch teilweise spröde wirkte, entwickelte nun wesentlich mehr Feuer. Zum weiteren Höhepunkt des ersten Teils geriet „Aus den Bergen“, ein Walzer von Johann Strauß Sohn, den er einst dem legendären Musikkritiker Eduard Hanslick gewidmet hatte.

Unter dem hatte einst auch Richard Wagner zu leiden, dessen 200. Geburtstag die Welt in diesem Jahr feiert. Welser-Möst durfte als einer der ersten ran und zwar mit dem Vorspiel zum 3. Akt des „Lohengrin“. Eingeklemmt in das Erbe der Strauß-Familie blieb dem erfahrenen Wagner-Dirigenten offenbar nur die Flucht nach vorne: Seine rapide und leichtfüßige Interpretation wird wohl noch für Diskussionen sorgen. Absicht dürfte diese Version allemal gewesen sein.

Dirigent als Meisterkoch
Unumstritten dürfte die Hommage an den zweiten 200er, Giuseppe Verdi, bleiben. Aus dessen Prestissimo aus der Ballettmusik im 3. Akt des „Don Carlo“ wurde die reine Essenz gezogen und mit ein wenig Wiener Staubzucker verfeinert. Der Sprung zur konzertbestimmenden Dynastie war schnell wieder geschafft: Nicht nur bei „Der Carneval in Venedig“ (dessen Thema hierzulande auch als "Ein Hund kam in die Küche" bekannt ist), bei dem der "Chef" seine Musiker nach den Variationen - je nach Instrumentenklang - mit Plüschtieren, einem Wikingerhelm oder einer Fliegenklatsche belohnte. Welser-Möst stand schließlich mit Kochlöffel und dazugehöriger Mütze ausgestattet da.

Alles Walzer
Auch beim Walzer „Wo die Citronen blüh’n“ zuvor hatte man keinen Zweifel daran gelassen, wo schon immer das heimliche (musikalische) Zentrum Italiens lag... Eines der neun heimlichen Zentren Österreichs wurde im Pausenfilm „Honeymoon“ gewürdigt, eine Hommage an das Bundesland Niederösterreich. Ideengebende Muse soll der dortige Landeshauptmann Erwin Pröll gewesen sein. Künstlerische Maßstäbe hatte man hingegen bei den Balletteinlagen angesetzt: Die Choreografie kam dabei erstmals vom Briten Ashley Page, langjähriger Direktor des Scottish Ballet, als Schauplatz diente das Schloss Hof nahe der slowakischen Grenze.

Strauß-Urenkelin im Publikum
Auch zahlreiche Strauß-Premieren gab es beim Neujahrskonzert, etwa die Walzer "Aus den Bergen" oder das Spätwerk "Hesperusbahnen". Und selbst physisch war die Dynastie präsent: Die 90-jährige Urenkelin von Josef Strauß, Hedwig Aigner-Strauß, war im Publikum vertreten. Nicht zuletzt darum war der angeblich "Begabtere" in der Familie mit gleich sieben Stücken vertreten, auch die erste Zugabe, die Polka "Plappermäulchen" stammte aus seiner Feder. Es folgten traditionsgemäß „An der schönen blauen Donau“ und der „Radetzky-Marsch".

Begeistert zeigte sich wohl nicht nur das Publikum im Saal selbst. Das von 14 Kameras aufgezeichnete musikalische Großevent wurde in 81 Länder weltweit übertragen.
 

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