Zwar waren es nicht die gut 600 Musizierenden, wie vor 200 Jahren, dennoch barst die Bühne des Wiener Musikvereins am Mittwochabend (28. November) zum großen Jubiläumskonzert beinahe: Mit Georg Friedrich Händels "Timotheus oder Die Gewalt der Musik" in der Mozart-Bearbeitung rekonstruierte Nikolaus Harnoncourt exakt jenes Konzert, das am 29. November 1812 zum Gründungsmythus der Gesellschaft der Musikfreunde wurde und auch heute noch eine betörende Kraft entfaltet. Am heutigen Donnerstagabend wird die Lobpreisung der Musik erneut gespielt - im Anschluss an einen Festakt, zu dem sich unter anderen Bundespräsident Heinz Fischer angekündigt hat.
Seit über 200 Jahren in Wien Am 29. November 1812 veranstaltete die "Gesellschaft adeliger Frauen zur Beförderung des Guten und Nützlichen" unter Führung von Fanny von Arnstein in der Hofreitschule ein Konzert, das ob seiner Dimensionen in die Geschichte eingehen sollte: 600 Beteiligte brachten Händels Oratorium zur Aufführung - darunter allein 120 Violinisten und 280 Sänger. "Es hat praktisch ganz Wien gespielt", zeigte sich Harnoncourt am Mittwoch amüsiert. Das Ereignis bedeute schließlich den Durchbruch für die Idee der Gründung einer Gesellschaft der Musikfreunde, für die sich bis Jahresende 507 Gründungsmitglieder einschrieben.
Komplette Konzert-Rekonstruktion Unter Oberaufsicht des Musikarchäologen Harnoncourt hat man nun das Konzert rekonstruiert. Mit etwas verbaler Nachhilfe wurde sogar das Publikum ermutigt, wie 1812 nach der Chorpassage "Brich die Bandes seines Schlummers" mit Applaus eine Wiederholung zu fordern, die dann auch gewährt wurde. Damit alleine gab sich der Dirigent jedoch nicht zufrieden, hatte er doch nach der Pause Notenblätter verteilen lassen. Nach der fachkundigen Einweisung des Publikums ("Die schwarzen Punkte - das sind die Töne") brachte Harnoncourt den voll besetzten Goldenen Saal zum Mitsingen - auch wenn das Ergebnis vom Maestro mit skeptischer Miene bedacht wurde.
Seltener Hochgenuss Er selbst nahm den "Timotheus" barock, führte seinen Concentus Musicus und den herausragenden Singverein straff durch die Partitur, dabei stets den Operncharakter des Händel-Oratoriums herausstreichend. Das mächtige Werk, von Händel 1736 unter dem Titel "Das Alexander-Fest" uraufgeführt und um 1790 von Mozart leicht bearbeitet, setzt auf einen riesigen Streicherapparat, besitzt aber auch lyrische Passagen, wenn etwa die Sopranistin zu "Töne sanft" von den Celli gleichsam solistisch begleitet wird. Eine Frage blieb am Ende des berührenden Abends mithin unbeantwortet: Weshalb wird dieses Werk so selten gespielt?
Wiederholungstermin Mit der Wiederholung am 29. November findet dann auch der große, aus sechs Konzerten bestehende Jubiläumszyklus ein Ende, mit dem über das gesamte Jahr verteilt Werke von Komponisten erklangen, die mit der Gesellschaft eng verbunden waren oder sind. Noch bis zum 1. Dezember läuft der Jubiläumskongress "Die Emporbringung der Musik", bei dem seit Dienstag Experten die Frühzeit der Gesellschaft der Musikfreunde beleuchten und europäische Vergleiche ziehen. Unter dem gleichen Titel ist überdies noch bis 22. Dezember eine Ausstellung mit den Höhepunkten aus der Geschichte und dem Archiv der Gesellschaft im Musikverein zu sehen.
(Von Martin Fichter-Wöß/APA)
Info Am 29. November wird das Konzert um 18 Uhr Festakt zum Jubiläum "200 Jahre Gesellschaft der Musikfreunde in Wien" unter anderen mit Bundespräsident Heinz Fischer und Festredner Franz Welser-Möst wiederholt. Anschließend findet um 19.30 Uhr Jubiläumskonzert "Timotheus oder Die Gewalt der Musik" von Georg Friedrich Händel, bearbeitet von Wolfgang Amadeus Mozart mit dem Concentus Musicus Wien und dem Singverein der Gesellschaft der Musikfreunde unter Nikolaus Harnoncourt statt. Alle Informationen dazu finden Sie unter www.musikverein.at.
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