Salzburger Jazzherbst

Nina Hagen brachte "Personal Jesus" mit

28.10.2012

 "Godmother of German Punk" taumelt zwischen Rühmann, Gospel und Elivs.

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Die Stimme von Nina Hagen ist ziemlich am Ende, aber sie singt trotzdem grandios. Da steht eine Ausnahmemusikerin auf der Bühne im Kongresshaus, die ihre Songs presst, schmettert, quietscht und haucht, dass es eine Freude ist. Aber was genau sie damit wollte, blieb lange verborgen. Die "Godmother of German Punk" hat ihren "Personal Jesus" am 27. Oktober beim Salzburger Jazzherbst präsentiert und ihr Publikum damit nur zum Teil glücklich gemacht.

Gut gefülltes Haus bei Hagen-Auftritt
Das Kongresshaus war gut gefüllt, richtig ins Brodeln kam die Stimmung aber nicht. Nina Hagen wollte den sicheren Hafen ihrer in Jahrzehnten erprobten Punk-Girlie-Attitüden nicht verlassen. Am Anfang des Salzburger Konzertes quälte sie sich unkonzentriert durch das Repertoire der internationalen Bekenntnis-Literatur. Klassiker von Gershwin ("Summertime", "The Lady is a tramp") und "Bruder" Elvis, von Hedi West oder Nick Drake aufgepeppt mit schrillen Pop-Grimassen. "Rivers of Babylon", "Walk with me Jesus" und "Down by the Riverside" mit ostdeutscher Rotzigkeit. Gut, aber wozu?

Hagen einfach nicht zu fassen
Nina Hagen brachte einen "unpersonal Routine-Jesus" nach Salzburg, bei dem der Kontakt zur schmerzlich kraft- und schlagzeuglosen Band genauso fehlte wie zum Publikum. Die Godmother als Karikatur - Nina Hagen war einfach nicht zu fassen. Langsam aber setzte sich die Musikerin gegen die konvertierte Showfrau besser durch. Die Texte wurden deutsch, die Moderationen konkret und politisch. Mit Brecht und Weill gewann die Performerin an Glaubwürdigkeit, und mit Heinz Rühmanns "marschierenden Soldaten" kam richtig Spaß in die "olle Bude". Die durch 40 Jahre Punk malträtierte Stimme musste sich nicht mehr mit Elvis oder Aretha Franklin messen, und das war gut so. Sie sprach Jesus an, am Rande zumindest. Sie warf sich für Indianer, Flüchtlinge und freien Saatguthandel auf die Schiene. Aber mit Freude und ohne missionarische Hintergedanken. "Lasst uns gemeinsam den Himmel auf Erden errichten" ist deswegen nicht weniger naiv. Aber der Versuch rührte weil - endlich - persönlich. Keine Begeisterung, aber dann doch noch ein recht guter Abend.

(Von Christoph Lindenbauer/APA)


 
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