Ödipus auf Kolonos

Brandauer so gut wie noch nie

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Klaus Maria Brandauer als blinder Ödipus, der auf das Sterben wartet.

Ödipus auf Kolonos ist nicht nur die letzte Tragödie des Sophokles, die der als Halbgott verehrte Dichter 90-jährig schrieb und die erst fünf Jahre nach seinem Tod (401 v. Chr.) in Athen uraufgeführt wurde, es ist die letzte Tragödie überhaupt.

Der deutsche Regiegroßmeister Peter Stein ist nun mit diesem altersweisen Kunstwerk nach 13 Jahren zu den Salzburger Festspielen, deren Schauspieldirektor er bis 1997 war, zurückgekehrt. Er hatte den Ödipus mit Klarheit und Poesie selbst aus dem Altgriechischen übersetzt und zeigt jetzt auf der Perner-Insel seine furiose Inszenierung dieses so eindrucksvollen Abschiedswerks.

Brandauer hat keine Angst vor Pathos
Klaus Maria Brandauer, der Weltstar aus dem Ausseerland, den Stein 2007 für Schillers Wallenstein in Berlin als ernstzunehmende Schauspielgröße wiederentdeckt hat, verkörpert den Titelhelden: Der ehemalige König von Theben, der, ohne es zu wissen, seinen Vater getötet und seine Mutter geheiratet hatte – und sich in der Folge selbst blendete –, kommt nach einer dreißig Jahre währenden Irrfahrt als alter, blinder Bettler in den heiligen Hain der Eumeniden auf dem Hügel Kolonos bei Athen, wo er sterben und von den Göttern entsühnt werden soll.

Ohne Angst vor Pathos und großen Gesten verkörpert Brandauer mit schwarzen Augenhöhlen und zerrauften Haaren, gehüllt in einen elenden Kittel, den schuldlosen Selbstenthüller: ein über sich selbst hinauswachsendes Monument des Leids, einmal zornig, fluchend, schreiend; dann wieder leise klagend, murmelnd, weinend. Brandauers Stimmumfang reicht von dumpfen Klagelauten bis zu hell aufsteigenden Höhen der Verklärung – ein Virtuose auf der Höhe seiner Kunst und beredtes Zeichen dafür, was Stein aus seinen Schauspielern herausholen kann.

Ovationen vom neuen „Jedermann“-Paar
Meisterhaft ist auch Steins Behandlung des Chores, der Greise von Kolonos, zwölf alter Männer im Anzug, mit Hut und Stock, die tänzelnd und lautmalerisch mit zärtlicher Sprache das Geschehen kommentieren.
Standing Ovations für Stein und Brandauer von Franz Vranitzky, Claudia Schmied, Claus Peymann, Franz Welser-Möst, Otto Schenk, Peter Simonischek und dem neuen Jedermann-Paar Ofczarek und Minichmayr.

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