Otto Schenk ist nicht nur als Schauspieler ein unübertroffener Publikumsliebling, er hat auch als Opernregisseur Weltkarriere gemacht und erweist sich nun, im jugendlichen Alter von 82 Jahren, auch als Schriftsteller als Megaseller. Der König der Komödie probt derzeit an den Wiener Kammerspielen eine Uraufführung, die am 22. November Premiere hat: Chuzpe nach einem Roman von Lily Brett. An der Wiener Staatsoper nimmt er am 21. November seine legendäre Inszenierung von Wagners Meistersingern wieder auf. In Wiener Opernkreisen pfeifen es die Spatzen von den Dächern, dass Schenk in zwei Jahren Janáčeks Das schlaue Füchslein neu inszenieren wird.
Der Amalthea Verlag hat soeben den jüngsten literarischen Wurf des multipel begabten Tausendsassas herausgebracht: Warum mir so fad ist …, eine Sammlung von geistreichen, witzigen Erzählungen und Anekdoten aus dem ereignisreichen Leben des rhetorisch brillanten Wiener Weltbürgers.
ÖSTERREICH: Ihr neues Buch „Warum mir so fad ist …“ ist wieder keine Autobiografie. Otto Schenk: Ich finde Schauspielerautobiografien grässlich, so etwas werde ich nie schreiben. Ein ganzes Leben ist doch furchtbar fad. In meinem Leben gibt es nur einzelne blitzartige Glücksmomente und dazwischen lange Epochen, in denen nichts Wesentliches passiert. Das ist wie ein Fußballspiel, das ist fast nur fad, und dann kommen ein paar spannende Momente. Ich würde nie in ein Stadion gehen, erstens weil ich mich davor fürchte, dass die Anhänger mir auf den Kopf hauen oder mein Auto zertrümmern, und zweitens weil ich diese unangenehmen Längen nicht aushalte. Also das neue Buch ist wieder ein Kaleidoskop meiner Zustände, Wege und Irrwege. Ich erzähle, was mich fasziniert und amüsiert hat, ums Theater und ums Leben herum.
ÖSTERREICH: Durch Ihr Buch wandert ein gewisser Kurti, dem auch immer fad ist, fast eine Romanfigur. Schenk: Den Kurti habe ich geschnitzt wie der Geppetto den Pinocchio. Er ist ein infantiler Mann, ein Naivling, ein seltsamer Vogel, ein schlimmer Geist, der wie ein Kobold immer wieder auftaucht. Er ist keine autobiografische Figur, obwohl ich unter anderen Umständen so hätte werden können wie er. Einen Roman könnte ich nicht schreiben, weil mir nie eine Handlung einfällt. Irgendeinen autobiografischen Bezug müssen meine Geschichten schon haben.
ÖSTERREICH: In der Uraufführung von Lily Bretts „Chuzpe“ spielen Sie den Greis Edek, der mit 87 eine Geliebte hat und ein Restaurant eröffnet. Wie finden Sie den? Schenk: Das ist eine wunderbare Rolle, fast auf mich geschrieben, ein ruchlos optimistischer alter Mann, der in einer seltsamen, unwegsamen Gegend in New York, der Lower Eastside, ein jiddisch-polnisches Wirtshaus aufmachen will. Die Message des Stückes gefällt mir: Man kann nie zu alt sein, um etwas Aufregendes zu machen, wenn man nur eine gute Idee hat. Da gibt es schon Parallelen zu mir: Es ist ja auch von mir vermessen, dass ich in meinem Alter noch Theater spiele.
ÖSTERREICH: Wie ist das mit Ihren Opernplänen? Schenk: Das sind lauter posthume Inszenierungen, über die ich mich freue. Die Meistersinger kommen jetzt in Wien und in zwei Jahren an der Met mit Bryn Terfel.
ÖSTERREICH: Und „Das schlaue Füchslein“? Schenk: Darüber darf ich wirklich nichts sagen, das kommt auch nach meinem Tod heraus. Ich habe erst einmal eine Oper von Janáček inszeniert, das war vor hundert Jahren Jenufa mit Jurinac und Kmentt.
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