Nur einen Tag nach der Wiederaufnahme seiner Meistersinger-Inszenierung (s. unten) stand gestern eine Uraufführung in den Wiener Kammerspielen auf seinem Programm. In der Komödie Chuzpe nach dem Roman You Gotta Have Balls von Lily Brett brilliert er als polnisch-jüdischer Australier Edek, der zu seiner essgestörten Tochter Ruth (Sandra Cervik) nach New York kommt, wo er ein nicht nur Techtelmechtel mit einer Polin beginnt, sondern auch in der Lower Eastside ein Klopse-Beisl aufmacht.
Alter Ego Bretts tragikomischer Roman ist autobiografisch inspiriert: Edek ist Lily Bretts 96-jährigem Vater nachgebildet, Ruth ist das neurotische Alter Ego der Autorin. In Dieter Berners karger, von Videoeinspielungen dominierter Inszenierung des Szenengestrüpps liefern Schenk und Cervik komische Streitgespräche über den Sinn des Lebens, in dem Frechheit – jiddisch „Chuzpe“ – siegt. Lily Brett saß im Publikum. Jubel für alle Beteiligten.
Kritik: Schenks „Meistersinger“ Otto Schenks Inszenierung von Wagners Meistersingern, die 1975 Premiere an der Staatsoper hatte, wirkt heute zu bieder und naiv. In der Wiederaufnahme des riesigen Werks, das nicht nur durch seine geniale Musik besticht, sondern auch durch seine aggressive Deutschtümelei befremdet (Beckmesser als Judenkarikatur), vermisst man Kritik an Wagners „national-pomphafter Demagogie“, wie Thomas Mann festgestellt hatte. Zwei Sänger dominieren: James Rutherford, der als dichtender Schuster Hans Sachs in Wien debütierte, verzauberte mit seinem belcantesken Bariton. Johan Botha ist auch in Zeiten, in denen der tenorale Liebhaber schön zu sein hat, ein unübertrefflicher Stolzing. Simone Young dirigierte unsensibel und laut und erntete Buhs.
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