Pass-Skandal um Nobelpreisträger
Handke: Verliert er Austro-Staatsbürgerschaft?
07.11.2019Wieder Streit um Peter Handke: Jahrelang war er mit jugoslawischem Pass unterwegs.
Ist unser Nobelpreisträger gar kein Österreicher? Fest steht: Peter Handke hatte neben seinem österreichischen Reisepass lange Zeit auch einen jugoslawischen. Investigativreporter des US-Onlinemagazins The Intercept deckten auf, dass das Dokument am 15. Juni 1999 in der jugoslawischen Botschaft in Wien ausgestellt und an Handke übergeben worden ist. Jugoslawien bestand damals aus Serbien und Montenegro. Im Reisepass selbst wurde Handkes Nationalität als „jugoslawisch“ angegeben.
Miloševic-Regime
Serbien war damals international geächtet. Nach den Massakern in Bosnien kämpften jugoslawische Truppen auch im Kosovo. Am 10. Juni 1999 zogen diese nach NATO-Bombardement ab. Fünf Tage später bekam Handke den jugoslawischen Pass. Ob er auch die jugoslawische Staatsbürgerschaft angenommen hat, ist offen.
Handke über Pass: "Wollte bei Reisen weniger zahlen"
Der Kärntner Schriftsteller wurde damals in Belgrad wie ein Held gefeiert. Er unterstützte massiv Serben-Präsident Slobodan Milošević. Mit seinem Report Gerechtigkeit für Serbien stellte er sich demonstrativ hinter den später als Kriegsverbrecher Angeklagten: „Mein Platz ist in Serbien“, erklärte er. 2006 hielt er auch eine Rede auf Miloševićs Begräbnis, was weltweit Empörung auslöste.
Die Kopien von Handkes Reisepass stammen aus dem Archiv von Handke-Freund Hans Widrich, Ex-Pressesprecher der Salzburger Festspiele. Gegenüber Widrich sagte Handke über seinen Zweitpass: Den habe er erhalten, „um auf den Jugoslawienreisen nicht mehr fürs Hotel zahlen zu müssen als sein serbischer Freund“.
Unklar ist bis heute, ob Handke nur den Pass bekommen, nicht aber die jugoslawische Staatsbürgerschaft angenommen hat. In der serbischen Botschaft in Wien ist darüber nichts bekannt. Handke stammt aus Griffen in Kärnten, lebt seit mehr als 30 Jahren in Paris. Für seine Staatsbürgerschaftsangelegenheiten ist aber die Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt zuständig. Die prüft nun mit dem Amt der Kärntner Landesregierung den Fall.
Land Kärnten prüft Handkes Pass-Affäre
Landeshauptmann Peter Kaiser beauftragte die Kärntner Landesamtsdirektion damit, den Sachverhalt rund um die Reisepassaffäre zu überprüfen. Österreicher, die sich in einem anderen Staat einbürgern lassen wollen, müssen bei der Heimatbehörde um Bewilligung ansuchen, dass sie auch die österreichische Staatsangehörigkeit behalten dürfen. „Handke hat diesen Antrag aber nie gestellt“, so Kaiser-Sprecher Andreas Schäfermeier zu ÖSTERREICH. Nun wird geprüft, ob Handke 1999 in Jugoslawien eingebürgert wurde.
831.000 € erhält Handke für Literatur-Nobelpreis
Handke war jahrelang in zahlreiche Kontroversen wegen seiner Verteidigung serbischer Aggression im Bosnienkrieg verwickelt. Auch die Bekanntgabe des Literaturnobelpreises für den gebürtigen Kärntner war von heftiger Kritik überschattet. Handke wies diese zuletzt extrem wütend zurück.
Auch die Schwedische Akademie verteidigte die Vergabe an Handke: „Eine harte Welt braucht Schriftsteller, die es mit ihr aufnehmen können“, so Nobelpreiskomiteemitglied Hendrik Petersen. Er bezeichnete Handkes Haltung in der Balkanfrage zwar als „politisches Kamikazemanöver“. Ein Kriegshetzer sei Handke deshalb aber nicht, er habe bloß versucht, „schwere Themen wie Geschichte und Gewalt zu thematisieren“.
Übergeben wird der Nobelpreis am 10. Dezember in Stockholm. Er ist mit neun Millionen schwedischen Kronen dotiert (rund 831.000 Euro).
Auch Goldi verlor fast Staatsbürgerschaft
Um das ehemalige Skisprung-Ass Andi Goldberger gab es 1997 eine ähnliche Staatsbürgerschaftsgroteske. Nach einer Affäre wurde dem Weltmeister vom ÖSV die Lizenz entzogen. Goldi wollte für Jugoslawien starten und beantragte die Staatsbürgerschaft, die ihm mit 27. 11. 1997 auch ausgestellt wurde. Der damals zuständige Landesrat Christoph Leitl drohte Goldberger mit Aberkennung der österreichischen Staatsbürgerschaft.
Dazu kam es nicht: Goldi hat den jugoslawischen Reisepass nie angenommen.
Karl Wendl