Biennale Venedig

Weibel kritisiert Preis für Schlingensief

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"Das ist ein klarer Verstoß gegen die Regel, nur lebende Künstler auszuzeichnen."

Peter Weibel hat die Verleihung des Hauptpreises der Venedig-Biennale an Christoph Schlingensief kritisiert. "Das ist ein klarer Verstoß gegen die Regel, nur lebende Künstler auszuzeichnen", sagte der österreichische Leiter des Karlsruher Zentrums für Kunst und Medientechnologie (ZKM) in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. Der deutsche Pavillon ist Schlingensief gewidmet, der im vergangenen August starb. "Beim nächsten Mal kommt dann ein Land mit Picasso an. Das müsste dann ja wohl auch den Preis bekommen."

Kunstferne Kriterien
Die Entscheidung für Schlingensief zeige ein weiteres Mal, dass immer häufiger kunstferne Kriterien über die Bedeutung der Kunst entschieden. "Die Künstler müssen heute ein Schicksal haben - ohne das geht es nicht", sagte Weibel, der zurzeit selbst eine Biennale mit rund 80 Künstlern in Moskau vorbereitet. Dabei sei ihm aufgefallen, "dass es extrem schwer geworden ist, gute Künstler zu finden".

Kunst verliert gegen Unterhaltungsindustrie
Die Kultur sieht sich nach Weibels Worten im Wettbewerb mit der Freizeitindustrie: "Die Konkurrenz reicht vom Kino und Fernsehen über den Zoo bis zum Swingerclub." Deshalb versuchten sich Museen und Künstler an diese Bereiche anzubiedern mit Angeboten wie "Kulinarisches in der Kunst" oder "Sex von der Antike bis heute". "Auf diesem Weg verliert die Kunst gegen die Unterhaltungsindustrie."

Übertreibungskünstler
Hinzu komme das Phänomen aus der Popkultur, dass die großen Stars vor allem eines müssen: auffallen. "Deshalb läutet ja Lady Gaga an allen Glocken gleichzeitig, denn ihre Musik ist doch eher Durchschnitt", erläuterte Weibel. "Gefragt ist der Übertreibungskünstler, der Skandale provoziert. Der Gehalt der Kunst tritt dahinter zurück."

"Zwingen, Erwartungen zu überdenken"
Der 67-Jährige erwartet von der Kunst, dass sie ihn überrascht. "Sie soll mich zwingen, meine Erwartungen zu überdenken." Zurzeit erlebe er das in der chinesischen Malerei. "Die Künstler dort malen zum Beispiel einfach den Tiananmen-Platz, auf dem 1989 das Massaker passiert ist. Damit erobern sie sich die politische Ikonographie zurück." In Deutschland wäre das für Künstler undenkbar, einfach ein Bild vom Brandenburger Tor zu malen. Allein Neo Rauch, von dem Weibel mehrere Bilder für die Moskau Biennale ausgesucht hat, bediene sich auf sehr verklausulierte Weise dieser Ikonographie. "Was ich interessant fände? Ein Gemälde von Stuttgart 21."

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