Causa Burgtheater
Poker um Hartmann-Nachfolge hat begonnen
12.03.2014
Burgtheater sucht interimistische und künstlerische Leitung.
Das Burgtheater, das mit Christian Strasser seit heute über einen neuen Aufsichtsrats-Vorsitzenden, aber keinen Direktor verfügt, hat plötzlich gleich zwei Top-Jobs zu vergeben: Kurzfristig muss ein interimistischer Künstlerischer Geschäftsführer aufgetrieben und eine Ausschreibung vorbereitet werden, die den nächsten Burgtheater-Direktor bzw. die erste Burgtheater-Direktorin finden soll.
Jobs mit hohen Erwartungen vebunden
Leicht werden beide Jobs nicht - wobei ein erfolgreicher interimistischer Geschäftsführer bei einer allfälligen späteren Bewerbung mit einem Bonus ins Rennen gehen dürfte. Sehr gut vorstellbar, dass die Interims-Leitung im Haus selbst gesucht und gefunden wird. Schließlich gilt es, mit Geschick und Einfühlungsvermögen zahllose Brüche zu kitten und Beschädigungen zu heilen - der Kampf um die Burg hat tiefe Spuren hinterlassen. Gleichzeitig mit der Vergangenheitsbewältigung muss ein neues Selbstbewusstsein aufgebaut und auf den bestehenden Planungen für die kommende Saison aufgesetzt werden.
Große Verantwortung
Ob sich die Pläne auch tatsächlich finanzieren lassen, dürfte sich erst herausstellen, ebenso wie die mögliche Notwendigkeit einer Spielstätten-Schließung. Und auch die Tatsache, dass man sich als Künstlerischer Geschäftsführer sehr wohl vollinhaltlich in kaufmännische Belange einzubringen hat, dürfte seit heute jedem potenziellen Bewerber - interimistisch oder nicht - klar gemacht worden sein. Aus dem Ensemble des Burgtheaters war zuletzt Direktor Achim Benning (1976-1986) hervorgegangen, auch der künftige Salzburger Festspielchef Sven-Eric Bechtolf ist Ensemblemitglied der Burg.
Namen-Raten beginnt
Eine Haus-Besetzung "hielte ich für durchaus überlegenswert", sagte heute Burgschauspieler Peter Simonischek. Er selbst halte sich allerdings "für so etwas nicht geeignet". Im Ensemble könnte sich aber wohl der eine oder die andere finden, der bzw. die über sich anders denken. Die erste diesbezügliche Frage bei der Pressekonferenz betraf Maria Happel. Die Burgschauspielerin war zuletzt Mitglied der Findungskommission im Volkstheater, das 2015 von Anna Badora übernommen wird. Und längst meinen viele Beobachter, die Zeit sei reif für eine Burgtheaterdirektorin.
Weitere klingende Namen im Gespräch
In den nächsten Tagen wird das Namens-Karussell munter in Schwung kommen. Hartmanns Nachfolgerin in Zürich, Barbara Frey, wurde heute bereits auf dem Kurznachrichtendienst Twitter ins Spiel gebracht. Karin Beier hat gerade erst das Deutsche Schauspielhaus Hamburg übernommen. Mit Sicherheit wird ganz rasch der Name von Frank Baumbauer ins Spiel kommen. Der ehemalige Intendant der Münchner Kammerspiele und Ex-Schauspielchef der Salzburger Festspiele hatte sich einst mit Klaus Bachler um die Peymann-Nachfolge ein Kopf-an-Kopf-Rennen geliefert und ist ein echter Profi. Allerdings wäre der 68-Jährige nach dem 50-jährigen Hartmann wohl eher ein Signal für späteres Pensionsantrittsalter als für Jugend und Innovation.
Favorit auch schon gefunden
Einer dürfte sogleich als Favorit ausgerufen werden: Martin Kusej (52) hat 2011 einen Fünf-Jahres-Vertrag als Intendant am Bayerischen Staatsschauspiel angetreten. Als "kulturpolitischen Eklat" hatte der Kärntner 2006 die Vorgänge rund um die Bestellung von Matthias Hartmann bezeichnet, als der damalige Kunststaatssekretär Franz Morak (ÖVP) keine Gespräche mit weiteren Bewerbern geführt hatte. Seit Oktober 2013 hat Kusej wieder vermehrt in Wien zu tun: Am Max-Reinhardt-Seminar hat er eine Regie-Professur übernommen. Und die "Münchner Abendzeitung" titelte am Dienstabend bereits: "Geht Martin Kusj nach Wien?"