Vor seiner Verhaftung in Zürich wurde Regie-Star Roman Polanski in Wien von US-Behörden observiert. Das belegen nun geheime E-Mails.
Am 26. September wurde Roman Polanski (76) in Zürich verhaftet. Jetzt stellt sich heraus: Die US-Behörden hatten ernsthaft überlegt, den Regisseur bei seinem Aufenthalt in Österreich vorher verhaften zu lassen.
Die Groteske: Die Amerikaner zweifelten an Österreichs „Freundlichkeit“ – sprich Loayalität – in Sachen Auslieferungsverfahren in die USA. Das geht laut der US-Agentur Associated Press (AP) aus dem E-Mail-Verkehr innerhalb des Justizapparates in Los Angeles hervor.
Lesen Sie das Polizei-Protokoll von 1977
Die Dokumente illustrieren auch, wie präzise die Amerikaner Polanskis Bewegungen innerhalb Europas observierten.
US-Beamten wollten in Österreich zuschlagen
Wie berichtet,
setzte Polanski 1977 die 13-Jährige Samantha Geimer in L.A. unter Drogen und
vergewaltigte sie – vor der Verurteilung floh er aus den USA. Die jüngste
Verfolgung begann, als die Schweizer Justiz von selbst die Amerikaner
informierte, dass sich Polanski beim Filmfest Zürich einen Preis abholen
wolle.
Wie berichtet verbrachte der Oscar-Gewinner (The Pianist) die Tage davor in Österreich. Am 23. September, drei Tage vor der Verhaftung, observierten ihn US-Beamte. Hektisch überlegten sie, ob zugeschlagen werden soll: „Ich habe keine Erfahrung, wie Österreich Auslieferungsanträge handhabt, wie freundlich die sind in solchen Fällen“, schrieb Diana Carbajal, Vize-Staatsanwältin in L.A. in einer E-Mail. Sie stellte fest: Polanski sei aus dem Hotel ausgecheckt und „in Bewegung“. Zu den Zweifeln über Österreichs Kooperation bei Auslieferungen kam Zeitdruck: Die Juristin fragte, ob nicht lieber gewartet werden solle, bis der Regisseur in Zürich einschwebe. „Ja“, antwortete Kollegin Leol Rubin. Letztlich ging kein Haftantrag an die Austro-Justiz (siehe unten).
Polanski hatte sich mindestens seit 16. September in Österreich aufgehalten, als er der Premiere des Kult-Musicals Tanz der Vampire beiwohnte. Gründe über die Zweifel an Österreichs Justizapparat lassen sich aus dem E-Mail-Verkehr nicht ableiten. Gefragt wird in dem AP-Report aber auch, ob die Verhaftung Polanskis – dessen Mutter im Holocaust umkam – im Geburtsland Adolf Hitlers eine „schiefe Optik“ ergeben hätte.