Starke Premiere für schwaches Stück: Kreneks Wiener Panoptikum in der Volksoper.
Oper
Kehraus um St. Stephan sollte zutreffender Wiener Panoptikum
heißen. Das ist keine Oper, sondern eine szenische Satire. Ernst Krenek hat
sie 1930 fertiggestellt; erst mit 60 Jahren Verspätung fand in Wien die
Uraufführung statt.
Gewinner
In 19 Szenen zeigt Krenek die Verlierer und
Nachkriegs-Gewinner, die Degradierten und Emporkömmlinge der Zwanzigerjahre.
Er hat den Text selbst geschrieben, und der ist im Komischen bloß bemüht, im
Ernsthaften pathetisch, in Liebesszenen oft sentimental. Die Musik zitiert
und persifliert Populäres, verschmäht nicht wienerische Klangfarben, ist
aber häufig von des konstruktiven Gedankens Blässe angekränkelt. Von Sängern
fordert Krenek vokale Treffsicherheit, vom Orchester extreme rhythmische
Pointierung. Dafür garantiert Dirigent Gerrit Prießnitz, der für eine
beispielhaft exakte musikalische Wiedergabe auf und vor der Bühne gesorgt
hat.
Glaubhaft
Regie und Ausstattung (Michael und Nora Scheidl)
verhelfen dem Panoptikum zu glaubhaftem, wirkungsvollem Bühnenleben. Der
Ablauf der 19 Szenen erfolgt fast pausenlos, deutet die Schauplätze
geschickt an und ergibt so etwas wie einen theatralischen Sog. Ein Dutzend
Singschauspieler/innen beweist, dass die Volksoper auch für schwierige
Vorhaben gut besetzt ist. Roman Sadnik, Albert Pesendorfer und Sebastian
Holetschek sind als Sänger und Darsteller Stars einer Aufführung, die hohen
Respekt verdient.
Foto: (c) Dimo Dimov