Beim heurigen Neujahrskonzert tritt erstmals Daniel Barenboim ans Dirigentenpult, mit Seitenblicken aufs Haydn-Jahr.
Mit "einer Menge an Premieren" gehen die Wiener Philharmoniker am 1. Jänner ins neue Jahr, wie Vorstand Clemens Hellsberg am Montag erklärte. Daniel Barenboim steht zum ersten Mal beim Neujahrskonzert am Pult, unter den traditionellen Namen der Familie Strauß und Josef Hellmesbergers findet sich heuer erstmals auch der des Jahresregenten 2009: Joseph Haydn beschließt den zweiten Teil des Programms mit der "Abschiedssymphonie".
Haydn und Linz
Auch die Balletteinlagen, choreographiert von
Vladimir Malakhov, stehen im Zeichen Haydns: Brian Large, in dessen Händen
wieder die Regie des Konzertereignisses im ORF liegt, drehte auf Schloss
Esterhazy in Eisenstadt. Der zweite kulturelle Jahresschwerpunkt, die
Europäische Kulturhauptstadt Linz, steht im Zentrum des Pausenfilms von
Felix Breisach. Dabei sind die Wiener Philharmoniker in verschiedenen
Kammermusik-Konstellationen vertreten: So spielt etwa das Küchl-Quartett am
Dach des Lentos Museums, im Stahlwerk der Voest gelangt ein Werk für
Schlaginstrumente des Philharmoniker-Paukisten Bruno Hartl zur Uraufführung.
Dirigent Daniel Barenboim kommt im Pausenfilm als Solo-Pianist zum Einsatz.
Barenboim glücklich
"Ich weiß, dass die Einladung für das
Neujahrskonzert nicht nur mit guten musikalischen Erfahrungen zu tun hat,
sondern auch mit persönlicher Zuneigung - und das schmeichelt mir sehr",
sagte Barenboim. Er habe mit den Philharmonikern schon bisher immer wieder
Strauß-Zugaben gespielt, "aber diese genaue Auseinandersetzung mit seinem
Werk für ein ganzes Programm war sehr interessant". Bei der ersten Probe
gestern sei er berührt gewesen, "wie offen und verfügbar das Orchester ist."
Es gebe keinen Komponisten, der mit einem Klangkörper so eng verbunden sei
wie Johann Strauß mit den Philharmonikern. "Auch wenn es natürlich leichter
ist, ein Programm zu dirigieren, dass das Orchester nicht so gut kennt."
Berlin und der Nahe Osten
Barenboims Berliner Heimat kommt man im
Programm schon mit dem ersten Stück, der Ouvertüre zu "Eine Nacht in
Venedig", entgegen, die als einzige Strauß-Operette in Berlin uraufgeführt
wurde. Das "Märchen aus dem Orient", das es zum ersten Mal auf das
Neujahrs-Programm geschafft hat, erinnert an Barenboims Engagement um Dialog
im Nahen Osten. "Mit dem West-Eastern Divan Orchester hat er selbst ein
modernes Märchen geschrieben", so Hellsberg, an das man gerade in diesen
Tagen erinnern wolle. Mit den "Rosen aus dem Süden" schließlich kommt man
einem Wunsch von Barenboims Gattin nach.
Esterhazy und Zigeunerbaron
Joseph Haydn, der mit der
"Abschiedssymphonie" erstmals beim Neujahrskonzert vertreten ist,
beziehungsweise dessen langjährigen Arbeitgebern, der Fürsten Esterhazy,
gedenkt der zweite Programmteil insgesamt mit einem starken ungarischen
Anteil an Strauß-Kompositionen, allen voran dem "Zigeunerbaron".
Vor fünfzig Jahren wurde das Neujahrskonzert erstmals im ORF-Fernsehen gezeigt, erst vor wenigen Wochen einigten sich die Philharmoniker und ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz auf die weitere Zusammenarbeit bis 2012. Live übertragen wird sowohl in ORF 2, als auch auf Ö1. Barbara Rett führt im Fernsehen durch den Vormittag, an dem schon um 9.35 Uhr die Dokumentation "Die Welt der Wiener Philharmoniker" gezeigt wird, gefolgt vom traditionellen Blick hinter die Kulissen um 10.35 Uhr, ehe um 11.15 Uhr das Konzert beginnt. Am Dreikönigstag (6. Jänner) wird das gesamte Konzert sowie der Pausenfilm zum ersten Mal vollständig wiederholt, 3sat bringt beides am 3. Jänner (20.15 Uhr).
Erst kürzlich erneuert wurde auch der Vertrag mit dem Musiklabel Decca bis 2011, wo das Neujahrskonzert heuer erstmals auch im Blu-ray-Format erscheinen wird. Schon ab dem 7. Jänner ist die CD erhältlich.