Giacomo Puccinis Oper "Manon Lescaut" über ein schönes, etwas flatterhaftes und zuletzt herzzerreißend sterbendes Mädchen hat Regisseur Stefan Herheim in Graz in eine unendlich ästhetischen Bilderfolge verwandelt, deren Handlung etwas undurchschaubar bleibt. Trotzdem zeigte das sich das Publikum bei der Premiere am Samstagabend von der Inszenierung recht angetan, die Sänger lieferten ordentliche Leistungen und Dirigent Michael Boder leitete das ambitioniert spielende Grazer Philharmonische Orchester mit sicherem Gespür für klare Linie und strahlende Effekte. Schöne Frau animiert Herheim lässt die Oper in einem Atelier beginnen, in dem Des Grieux gerade dabei ist, die Freiheitsstature zu bauen. Puccini schaut ihm zu, und als eine schöne Frau eintritt, animiert sie den Komponisten zu seinem Werk. So weit, so ähnlich schon in "Carmen" und "Rusalka" in Graz gehabt. Dann beginnen sich die Ebenen etwas zu verwischen, Des Grieux wird in eine Handlung hineingezogen, die ihm Puccini - der wie ein ständig anwesender Puppenspieler die Fäden zieht - vorschreibt. Die Frau vom Anfang wird zu Manon, aus der schokobraun gekleideteten Dame wird ein flirrendes Geschöpf in Minzgrün, und diese Farben trennen durchgehend die beiden Welten, die wenigstens dadurch klar erkennbar bleiben. Von Freiheit und unendlicher Sehnsucht Als durchgehendes Symbol zieht sich die Freiheitsstatue durch die Handlung, deren kleiner Entwurf ebenso zu sehen ist wie große, bühnenfüllende Teile von Fackel oder Kopf. Wenn Manon davon singt, dass ihre Sehnsucht unendlich ist und sich dabei die Krone der Statue aufsetzt, so ist das ein wirklich starkes Bild. Nicht alles ist gleich gut gelungen, aber schön anzuschauen ist jede einzelne Minute der Aufführung, und selten hat man auch eine derart musikalische Inszenierung erlebt, bei der jede kleinste Geste - ob sie nun für sich einen Sinn ergibt oder nicht - so sehr im Einklang mit der Musik steht. Großartig auch das Bild der auf einem dreistöckigen Eisengerüst angeketteten Mädchen, die auf ihre Abschiebung nach Amerika warten. Während in der Oper die Neue Welt für die Endstation und den Tod steht, kehrt sich das hier immer wieder um und Herheim spielt mit der Freiheitsstatue als Symbol für Aufbruch und Hoffnung.
Beeindruckende Leistung aud allen Ebenen Die Sänger stehen die anspruchsvolle Personenführung tapfer durch, auch wenn am Anfang vieles ziemlich aufgesetzt wirkt. Trotzdem singt Gal James eine berührende, facettenreiche Manon, die am Ende auch noch schöne abgedunkelte Töne beisteuern darf. Gaston Rivero ist ein höhensicherer, strahlender Des Grieux, und Javier Franco gibt einen erdigen, etwas rauhen Lescaut. Wilfried Zelinka überzeugt sowohl als alternder Kavalier Geronte di Ravoir als auch als Sergeant. Taylan Reinhard (Edmondo, Tanzmeister), Konstantin Sfiris (Wirt) und Dshamilja Kaier ergänzen das ausgezeichnete Ensemble. Als Puccini lenkt Janos Mischuretz spielfreudig das Geschehen. Eine Klasse für sich sind die Bühne von Heike Scheele und die wirklich wunderbaren Kostüme von Gesine Völlm.
(Von Karin Zehetleitner/APA)
Info "Manon Lescaut" von Giacomo Puccini wird an der Grazer Oper noch am 10., 17. und 21. Oktober, 4., 8., 18. und 24. November, 14. und 20. Dezember 2012 aufgeführt. Alle Informationen zu den Vorstellungen sowie Tickets erhalten Sie unter oper-graz.at.
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